Das Oldenburger Wunderhorn

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Oldenburg in Niedersachsen: Landkreise und kreisfreie Städte des alten Landes Oldenburg (dunkelblaue und rote Flächen), seit 1946 als Verwaltungsbezirk Teil des deutschen Bundeslandes Niedersachsen (dieses inklusive hellblaue, hell- und dunkelgrüne Flächen), 1.2.1978 – 31.12.2004 Teil des niedersächsischen Regierungsbezirks Weser-Ems (dunkel- und hellblau, rot), Nachbar des Landes Bremen (inklusive Bremerhaven, gelb), seit 22.11.2006 Teil der länderübergreifenden Metropolregion Bremen-Oldenburg (dunkelblau, rot, gelb und hellgrün).
(Aus: Karte Lower_saxony_ol.png bei www.Wikipedia.de unter Oldenburger Landkreisen, bearbeitet von Martin Teller, November 2006.)

Die Inhalte der Landesseiten

Eine naturräumliche Übersicht des Oldenburger Landes und seiner geographischen Unterteilungen siehe unter Geographie.

Historische Landeskarten inklusive Geschichtskarten mit früheren Verwaltungseinteilungen finden sich bei Landeskarten.

Die Teile des alten Landes Oldenburg bestehen heute im wesentlichen aus sechs Landkreisen und drei kreisfreien Städten, nach denen die folgenden Unterseiten zur leichteren Orientierung gegliedert sind. Historische Informationen dazu braun unterlegt, zur chronologischen Entwicklung des Oldenburger Landes vgl. Zeittafel, zur territorialen s.u.

1. Alte Grafschaft Oldenburg

Landkreis Ammerland

Landkreis Oldenburg
Teil der Grafschaft schon die heutige Samtgemeinde Harpstedt als spätmittelalterlicher bis frühneuzeitlicher Pfandbesitz, eine moderne (Wieder)Erwerbung mit der Kreisreform 1977. Dagegen die heutige Gemeinde Großenkneten und die heutige Stadt Wildeshausen erst seit dem Herzogtum zu Oldenburg. Wildeshauser Besitzungen schon im Hochmittelalter bei einer Oldenburger Grafenlinie.

kreisfreie Stadt Oldenburg

kreisfreie Stadt Delmenhorst
Stadt und Landesteil Delmenhorst (ca. heutige Gemeinden Ganderkesee, Dötlingen, Hatten, Hude, Berne und Lemwerder aus dem heutigen Landkreis Wesermarsch) zwischen 1482-1547 vom Bistum Münster besetzt.

2. Friesische Erwerbungen

Landkreis Friesland
Im Spätmittelalter Friesische Wehde (heutige Gemeinden Varel, Zetel, Bockhorn) zur Grafschaft, in der Frühneuzeit durch Erbschaft 1575 auch das Jeverland (übrige heutige Gemeinden inklusive heutiger Stadt Wilhelmshaven), nach 1667 von Oldenburg abgetrennt und 1818 durch Abtretung Rußlands wieder hinzu. Kniphausen (in heutiger Stadt Wilhelmshaven) und Varel zwischen 1667 bis 1854 teilweise selbständige Herrschaft.

Landkreis Wesermarsch
Land Würden (um Dedesdorf) gegenüber der Stadt Nordenham auf dem östlichen Weserufer, die heutige Stadt Elsfleth, und Oberstedingen (heutige Gemeinden Berne und Lemwerder) schon im Mittelalter Teile der Grafschaft, übriges Gebiet in der Frühneuzeit erobert.

Kreisfreie Stadt Wilhelmshaven
Gebiet 1853 zur Stadt- und Hafengründung an Preußen abgetreten, 1937 wieder zum Land Oldenburg. Seither nach Westen und Norden erheblich erweitert.

3. Oldenburger Münsterland

Landkreis Cloppenburg

Landkreis Vechta
Beide heutige Landkreise nach Aufhebung der dortigen geistlich-katholischen Herrschaften ab 1803 zum Herzogtum. Beim heutigen Landkreis Vechta nach der französischen Besetzung 1817 kleinere Grenzkorrekturen mit dem Königreich Hannover. 1827 Herrschaft Dinklage durch Abtretung zu Oldenburg.

4. Fernere Exklaven
(Hier nicht dargestellt, da nicht zum Kern des Oldenburger Landes gehörig.)

Fürstentum Lübeck (nördlich der Stadt Lübeck, Hauptstadt Eutin)
1773 als bisheriges Herrschaftsgebiet (evangelisches Fürstbistum) des neu eingesetzten Herzogs in Personalunion mit dem Oldenburger Land verbunden, 1803 als weltliches Fürstentum zu Oldenburg, 1843 und 1867 durch Arrondierungen leicht vergrößert.

Fürstentum Birkenfeld (an der Nahe im Hunsrück, um Idar Oberstein, Hauptstadt Birkenfeld)
Von Preußen nach den Befreiungskriegen 1817 an das Herzogtum abgetreten. 1937 zusammen mit dem Lübecker Gebiet wieder an Preußen im Tausch gegen Wilhelmshaven.
 


Die verschiedenen Wappen symbolisieren Wachstum und Wandel des Landes Oldenburg:

1. Grafschaft
a) Hochmittelalter

b) Spätmittelalter c) Frühneuzeit

d) Dänenzeit 2. Herzogtum 3. Großherzogtum

1. Grafschaft: a) ältere Früh- und Nebenformen mit roter Zackenlinie oder je zwei roten und silbernen Querbalken, dann Balkenschild mit den „fünf Stücken“: zwei rote Querbalken auf Gold. b) Quadriert mit „Delmenhorster“ Kreuz seit Graf Gerd dem Mutigen. (Nagelsteckkreuz erst nachträglich auf Delmenhorst bezogen, ursprünglich wohl Zeichen der Verehrung des hl. Gereon zu Köln, erstmalig um 1475; Farben schwankend zwischen rotem Kreuz in Gold, silbernem Kreuz in rot oder goldenem Kreuz in blau wie seit 1619 unter Graf Anton Günther überwiegend und seit 1829 definitiv). c) Nach Erwerb Jevers 1575 im Herzschild mit jeverschem goldenen Löwen in blau, zusätzlich mit Kniphauser Löwen (schwarz oder auch einmal blau in Gold) im dritten Feld nach Erwerb Kniphausens (1623, Löwe aber erst Mitte des 17. Jh. aufgenommen. Vgl. farbige Wappen um 1648 und 1650 unter Landeskarten/17. Jahrhundert: erstes mit zwei jeverschen Löwen, zweites auch mit Kniphausener. – Die „sechs Stücke“ des obigen linken Schildes waren wohl nur eine zeichnerische Unachtsamkeit.)
d) Zur Dänenzeit vor allem als längsgespaltener Schild, vorne (heraldisch rechts, vom Betrachter aus links) die fünf Stücke, hinten das hier nicht zugespritzte Kreuz der Herrschaft (meist unrichtig: Grafschaft) Delmenhorst; das Kreuz hier weiß = heraldisch silbern auf rot. (Einfluß der dänischen Farben?) Nun wieder ohne die jeverschen und Kniphauser Bestandteile, da beide Herrschaften nach 1667 abgetrennt wurden.
2. Im Herzogtum mehrere Wappen in Übergängen zu denen der Nachbarperioden gebräuchlich: a) noch der dänische „Spaltschild“, b) jetzt wieder der von Oldenburg und „Delmenhorst“ quadrierte Schild mit goldenem Spitzkreuz in blau und für das Hochstift Lübeck mit quergeteiltem Mittelschild, oben eine Bischofsmütze, unten ein schwebendes Kreuz. (Ähnlich 1. c) links, nur mit Lübeck statt Jever und korrekt fünf statt sechs Stücken.) c) Letzteres Wappen als Mittelschild eines größeren, einmal gespaltenen und einmal geteilten Schildes mit eingepfropfter Spitze, darin im 1. Feld Wappen von Norwegen, im 2. von Schleswig, im 3. von Holstein, im 4. von Stormarn, in der Spitze von Dithmarschen. d) Unter Peter Friedrich Ludwig auch das unter 2. abgebildete zweifach geteilte mit ovalem Mittelschild: erste vier Felder wie zuvor, im 5. Herrschaftsteil Oldenburg, im 6. Herrschaftsteil Delmenhorst, in der Spitze Dithmarschen und im Mittelschild Hochstift Lübeck, hier mit auf das Kreuz gesetzter Mitra (vgl. Wappeninhalte und Farbgebung bei 4.) Das 1817 erhaltene Fürstentum Birkenfeld ist erst nach 1829 im Oldenburger Wappen berücksichtigt.
3. Staatswappen des Großherzogtums 1829-1918 nach Wiedererlangung hoheitlicher Rechte über Jever und Kniphausen und Erwerb von Birkenfeld, wie ab 3. c) mit Kennzeichnung der dynastischen Verbindungen des Herrschers (Königskronen über Hermelin und Herzschild als Hinweis auf mehrere gekrönte Seitenlinien). Außen im Hauptschild, 1. Feld (in rot ein gekrönter goldener Löwe mit silberner Streitaxt): Königreich Norwegen, 2. Feld (zwei blaue Löwen übereinander in Gold ): Herzogtum Schleswig, 3. Feld (in rot ein silbernes Nesselblatt mit silber-rot geteiltem Einlegeschild): Herzogtum Holstein, 4. Feld (silberner Schwan in rot): Herrschaft Stormarn, 5. Feld (auf silbernem Pferde ein goldener Reiter in rot): Land Dithmarschen.
Im Herzschild die eigentlichen Herrschaftsbestandteile, 1. Feld (fünf Stücke Gold und rot): alte Grafschaft mit Herrschaftsteilen Oldenburg mit Delmenhorst (goldenes Spitzkreuz in blau) im 2. Feld, 3. Feld (Goldkreuz mit aufgesteckter silberner Mitra in blau): Fürstentum Lübeck, 4. Feld (von Rot und Silber geschacht): Fürstentum Birkenfeld, 5. Feld in der eingepfropften Spitze (gekrönter goldener Löwe in blau ): Herrschaft Jever, außerdem 6. Feld des Hauptschilds (gekrönter schwarzer Löwe in Gold): Herrschaft Kniphausen; Herzogtum Oldenburg also 1., 2. und 5. Feld innen und 6. außen.
Damit ist die Unterscheidung zwischen dynastischer Verbindung (potentiellem Erbanspruch) und damaliger Herrschaftswirklichkeit heraldisch nicht ganz konsequent durchgeführt: Das Herzogtum ist zerrissen, Kniphausen steht an „falscher“ Stelle und erscheint zudem optisch viel größer als das Jeverland, dessen Teil es eigentlich ist.
4. Seit 1919 im Freistaat gültig (und im landsmannschaftlichen Sinne auch nach 1946) das heute bekannteste schon auf der Hauptseite rechts oben gezeigte Wappen. – Siehe ebenfalls dort rechts unten die von Herzog Friedrich August 1774 eingeführte, bis 1919 genutzte und auch heute gebräuchliche Landesflagge: auf blauem Grund ein querliegendes rotes Kreuz; während die bis 1871 gültige oldenburgische Staatsflagge, die von 1919 bis zur Gleichschaltung der Länder 1934 auch als Landesflagge diente, bei gleicher Farbwahl das Kreuz in der Mitte hatte. Darin gleicht sie dem Danebrog, der Flagge Dänemarks, womit die dynastische Verwandtschaft des hiesigen Herrschergeschlechts mit dessen Königshaus symbolisiert werden sollte. Die oldenburgischen Landesfarben blau-rot ergaben sich aus einer Kombination der Wappenfarben
der (Groß-)Herzöge von Oldenburg aus dem Hause Holstein-Gottorp: blau-gold für Holstein und weiß-rot für Schleswig-Gottorp. Die Farben der Stadt Oldenburg entstammen wiederum dem städtischen Wappen, dessen dominierende Töne gelb(d.h. gold)-rot sind, was seinerseits die alten gräflichen Wappenfarben wiederspiegelt.
(Abbildungen aus/von: 1. a) und b) Martin Teller, c) Wilhelm Knollmann, Hans Bauer: Die Oldenburger Seekante im 17. Jahrhundert, Oldenburg 1995, S. 40, d) Hans Harms: Oldenburgische Kartographie in fünf Jahrhunderten, Oldenburg 2004, S. 79, koloriert von Martin Teller, 2. Martin Teller, fotografiert im stadtoldenburger Schloßgarten an der Mauer zum Küchengarten, 3. Manfred Furchert: Oldenburgisches Wappenbuch, Band 1, Oldenburg 2003, S. 9. Details und Beispiele auch der Oldenburger Nebenlinien bei Georg Sello: Das oldenburgische Wappen. In: Oldenburger Jahrbuch, Band 1, Oldenburg 1892, S. 56-100 und Zeichnungen im Anhang. Zum Kniphauser Löwen siehe Albrecht Eckhardt: Der Deichatlas des Johann Conrad Musculus von 1625/26 (Faksimileausgabe), Oldenburg 1985, S. 13-14.)
 


Abriß der Territorialentwicklung des Oldenburger Landes

Über die frühmittelalterlichen Herrschaftsverhältnisse in unserer Region gibt es so gut wie keine Nachrichten, erst am Beginn des Hochmittelalters (um 1000 n. Chr.) werden Strukturen erkennbar. Das später sogenannte Land Oldenburg im Grenzraum zwischen den Stammesgebieten der germanischen Sachsen und Friesen ist keine geographische Landschaftseinheit, es wuchs erst durch das Wirken einer hier vorherrschenden Adelsdynastie zusammen. Deren Machthaber nannten sich Grafen von Oldenburg, nachdem sie im 12. Jahrhundert den Ort am Hunteknie, die spätere Stadt Oldenburg, als Sitz wählten und dort eine Burg bauten. Anfänglich beruhte ihre Herrschaftsmacht auf verstreuten Besitzgütern vom Osnabrücker Nordland bis zur Nordseeküste und vom Cloppenburger Raum bis an die Weser südlich von Bremen sowie auf in diesem Raum lebenden Gefolgsleuten, sogenannten Personenverbänden, mit ebenso verstreuten Eigengütern und gräflichem Lehnsbesitz. Ein Schwerpunkt der Oldenburger Besitzkomplexe lag um Wildeshausen, wo sich eine gräfliche Nebenlinie abspaltete, deren mehrere Unterlinien im Spätmittelalter ausstarben, womit dieser Besitz den Oldenburgern und ihrem Land (z.T. nur für einige Jahrhunderte) verloren ging.

Seit dem 13./14. Jahrhundert kam es wie allenthalben im Reich so auch hier zur Entwicklung geschlossener Herrschaftskomplexe, von Territorien. Die Grafen verloren Besitzungen und Herrschaftsrechte im friesischen Küstenraum und im späteren Südoldenburg bzw. stießen sie ab, dafür durchdrangen sie den mittleren Raum dazwischen ganz mit ihrer Landesherrschaft (ohne dabei schon die regionalen Niederadelsfamilien zu verdrängen, was erst in der Frühneuzeit geschah). Die spätmittelalterliche Grafschaft Oldenburg konzentrierte sich innerhalb natürlicher Grenzen: Von der „Hauptstadt“ Oldenburg aus gesehen im Norden und Westen gegen Friesland ungefähr auf der Linie Elsfleth – Jade – Halsbek – Apen waren es ausgedehnte Moore, ebenso im Süden gegen andere Adelsherrschaften und später gegen geistliche Territorien etwa auf der Linie Godensholt – Edewecht – Littel – Westerburg, ab dort die Hunte entlang bis nördlich Wildeshausen. Südöstlich bis zur „zweiten Hauptstadt“ Delmenhorst mit Stuhr und Hasbergen lief die Grenze über einen bewaldeten Geestrücken gegen die Grafschaft Hoya, später gegen Kurfürstentum und Königreich Hannover, sowie gegen die Reichs- und Hansestadt Bremen. Im Osten ab Altenesch lief sie die Weser entlang bis nach Elsfleth unter Einschluß etlicher Weserinseln sowie des östlich der Wesermündung liegenden kleinen Landes Würden um Dedesdorf. Das Oldenburger Kerngebiet erstreckt sich demnach vom Ammerland bis zur Delmenhorster Geest.

Schon im Hochmittelalter brachten die Oldenburger Grafen im Osten an Hunte und Weser gewaltsam wesentliche Teile des Marsch- und Moorkolonisationsgebietes Stedingen unter ihre Herrschaft. Im Spätmittelalter gelang es ihnen auf friedliche Weise, sich im Nordwesten auch die Geesthöhe der Friesischen Wehde zwischen Varel und Zetel untertan zu machen. Friesische Marschengebiete eroberten sie in der frühen Neuzeit im Nordosten mit der unteren Wesermarsch und Butjadingen nebst weiteren Weserinseln bzw. erbten sie 1575 mit dem Jeverland im Nordwesten, womit nun im Norden die Nordseeküste ihre Herrschaftsgrenze bildete. Das Amt Harpstedt im Südosten war vom Spätmittelalter bis 1667 im Pfand- und Lehnsbesitz der Oldenburger Grafen. Der Grafschaftsteil Delmenhorst im Südosten, dessen genaue Abgrenzung zum Oldenburger Herrschaftsteil variierte, ging 1482 in einer Fehde gegen die geistlichen Nachbarn verloren, konnte von den Oldenburgern aber 1547 zurückerobert werden. Er wurde immer wieder von gräflichen Nebenlinien beherrscht, verblieb letztlich aber im Besitz des Stammhauses. Unter Johann VII. (1573-1603) vollzog sich in der Grafschaft Oldenburg der Übergang von partieller Grundherrschaft des Landesherrn zur umfassenderen Staatlichkeit im modernen Sinne.

Als mit Graf Anton Günther 1667 die oldenburgische Stammlinie ausstarb, erbten die einer Nebenlinie des Hauses Oldenburg angehörenden Dänenkönige die Herrschaft über die Stammlande, wo sie über ein Jahrhundert in Personalunion Grafen von Oldenburg waren. Die Herrschaftsteile Kniphausen und Varel und mehrere Domänen im Norden fielen allerdings an den illegitimen Sohn Anton Günthers, den Grafen von Aldenburg, und seine Nachkommen, später an die Grafen von Bentinck. Entsprechend kam das Jeverland über eine erbende Schwester Anton Günthers letztlich an Rußland. Zeitweilig verpfändete Dänemark einige oldenburgische Vogteien an Hannover, ansonsten blieb der Gebietszusammenhalt des Oldenburger Kernlandes zur Dänenzeit gewahrt.

Über einen dynastischen Interessenausgleich Oldenburger Linien, die inzwischen unter anderem Dänemark und Rußland regierten, bekam Oldenburg 1773 wieder einen unmittelbaren Herrscher und wurde staatsrechtlich erneut selbständig. Der neue Graf, schon ab 1774 zum Herzog von Oldenburg erhoben, entstammte dem Hause Oldenburg-Holstein-Gottorp und war in Personalunion evangelischer Fürstbischof von Lübeck. Dieses kleine aus mehreren Teilen bestehende Territorium wurde 1803 nach der von Frankreich durchgesetzten Auflösung der geistlichen Herrschaften per Reichsdeputationshauptschluß als weltliches Fürstentum dem Herzogtum Oldenburg zugesprochen. Im gleichen Jahr kamen außerdem weite Teile der südlichen ehemals bischöflich-münsterschen Geestgebiete, die Ämter Cloppenburg und Vechta mit überwiegend katholischer Bevölkerung, als sogenanntes Oldenburgisches Münsterland hinzu, ebenso das hannoversche Amt mit der Stadt Wildeshausen, die nach etwa 500 Jahren wieder oldenburgisch wurde (endgültig erst 1826). Während der kurzzeitigen Besetzung durch das napoleonische Frankreich 1811-1813 wurde Oldenburg zum Teil des französischen Mutterlandes erklärt, wurde durch die Befreiungskriege freilich bald wieder politisch selbständig.

1817 im Zuge der Neuordnung Deutschlands bekam Oldenburg das entfernt im Hunsrück liegende Gebiet Birkenfeld als Fürstentum zugesprochen (etwas schmaler als der heutige Landkreis Vechta). Mit Hannover einigte man sich auf Grenzvereinfachungen in den Gemeinden um Vechta, wodurch das Oldenburger Land hier nochmals abgerundet wurde, zuletzt 1827 durch die an Oldenburg abgetretene Herrschaft Dinklage. Bereits 1818 hatte der Zar das Jeverland seinen Oldenburger Verwandten übertragen, womit es nach circa 150 Jahren wieder oldenburgisch wurde. Das bereits auf dem Wiener Kongreß zum Großherzogtum erhobene aber erst seit 1829 offiziell so bezeichnete Oldenburger Herrschaftsgebiet bestand nunmehr aus drei Teilen: als Herzogtum Oldenburg mit der Oldenburger Stammgrafschaft inklusive nördlichen friesischen und südlichen münsterschen und hannoverschen Erweiterungen, sowie aus zwei kleinen Exklaven als Fürstentümer: Lübeck an der Ostsee und Birkenfeld nahe Mosel und Rhein, an der Nahe liegend. Ersteres konnte 1843 und 1867 durch Vereinbarungen mit Dänemark und Preußen zu einem geschlossenen Gebiet arrondiert werden (von etwa der Größe des heutigen Landkreises Friesland nebst Wilhelmshaven). 1853 verkaufte Oldenburg das nordwestliche Landstück am Jadebusen (inklusive Eckwarderhörne gegenüber) an Preußen zum Bau eines Kriegshafens, wo das nachmalige Wilhelmshaven entstand. Von dem Erlös konnte Oldenburg 1854 wiederum die Rechte an den Herrschaften Kniphausen und Varel kaufen, die wie Jever schon 1813 nominell dem Oldenburger Herrscher unterstellt wurden aber erst jetzt endgültig wieder an das Land Oldenburg fielen.

Nachdem Deutschland 1919 eine Republik geworden und die Fürsten auf ihre Herrschaft verzichten mußten, wurde Oldenburg ein Freistaat innerhalb des Deutschen Reiches. Seit den 1920er Jahren aufkommende Reformbestrebungen nach radikaler Neugliederung der deutschen Länder, welche die Existenz des Landes Oldenburg zur Disposition stellten, konnten sich im Dritten Reich nicht durchsetzen, obgleich die Idee gleichförmigerer Gebietseinheiten gerade auch unter den Nationalsozialisten Anklang fand, wie deren Parteigliederung der „Gaue“ mit hiesigem „Gau Weser-Ems“ und Oldenburg als „Gauhauptstadt“ zeigte. 1933 waren die föderalen Rechte der Länder gegenüber dem Reich durch zentralistische Gleichschaltung quasi aufgehoben worden. 1937 kam es im Zuge anderer Grenzveränderungen im Reich doch noch zu einigen Veränderungen, die das Land Oldenburg betrafen. Die Landesteile Lübeck und Birkenfeld mußten an das Land Preußen abgetreten werden, im Tausch dafür erhielt Oldenburg die Stadt Wilhelmshaven (und Eckwarderhörne), die sogleich um die Nachbarstadt Rüstringen vergrößert wurde. Seither bestand das Land Oldenburg nur noch aus seinem früheren Hauptteil, dem alten Herzogtum.

Mit Kriegsende 1945 wurde das Land Oldenburg wieder eine selbständige Verwaltungseinheit. Allerdings nur bis zum 1. November 1946, als es durch Verordnung der alliierten Besatzungsmacht im neugegründeten Bundesland Niedersachsen aufging, wo es in seinen bisherigen Ländergrenzen den Verwaltungsbezirk Oldenburg bildete. Zwei befürwortende Volksbefragungen 1956 und 1975 für den Erhalt bzw. die Wiederherstellung als selbständiges Land wurden von der Politik übergangen. Bei der niedersächsischen Gebietsreform ist der Verwaltungsbezirk – das alte Land – Oldenburg zum 1.2.1978 mit den westlichen und südlichen Nachbarkreisen Wittmund, Aurich, Leer, Emsland, Grafschaft Bentheim und Osnabrück sowie den kreisfreien Städten Emden und Osnabrück vereinigt und zum Regierungsbezirk Weser-Ems vergrößert worden, dessen Verwaltungshauptstadt Oldenburg war. Diesen jahrhundertelang innegehabten Status verlor die Stadt zum 1.1.2005, als durch Beschluß einer Landesregierung sämtliche niedersächsischen Regierungsbezirke aufgelöst wurden. Auf der politisch-administrativen Landkarte ist das Oldenburger Land seither nur noch als Summe der heutigen Landkreise und kreisfreien Städte erkennbar, die seinen historischen Hauptteil ausmachen: die Landkreise Ammerland, Cloppenburg, Friesland, Oldenburg, Vechta und Wesermarsch sowie die kreisfreien Städte Delmenhorst, Oldenburg und Wilhelmshaven; siehe heutige Kreiseinteilung unten.

Im Zuge der Auflösung der Bezirksregierungen gibt es indes Überlegungen, auch die Kreise aufzulösen und statt dessen das Flächenland Niedersachsen in größere Verwaltungsregionen einzuteilen. Dabei wäre das Oldenburger Land als eine solche Region einzurichten (was die Oldenburger mehrheitlich gewiß begrüßen würden), allerdings nach Vorstellung einiger ohne die Wesermarsch, die einer eigenen Weserregion oder gar dem Bundesland Bremen zuzuschlagen sei, was Oldenburgs herkömmliche Verflechtungen in diesem Gebiet zerreißen würde. Ob es dazu käme ist aber fraglich, denn bereits 1979 war die schon beschlossene Aufteilung des Landkreises Friesland zwischen das oldenburgische Ammerland und das ostfriesische Wittmund vor Gericht gescheitert. Schließlich gilt immer noch Artikel 72 (die „Traditionsklausel“) der niedersächsischen Verfassung, welche die Heimatbelange der ehemaligen Länder im Bundesland Niedersachsen schützt, worunter nach Gerichtsauffassung zwar nicht länderübergreifende Regierungsbezirke fallen, aber gewiß doch historische und immer noch lebendige Traditionszusammenhänge ebendieser Länder.

Landkreis Friesland Landkreis Wesermarsch Landkreis Ammerland Landkreis Oldenburg Landkreis Cloppenburg Landkreis Vechta Kreisfreie Stadt Oldenburg Kreisfreie Stadt Wilhelmshaven Kreisfreie Stadt Delmenhorst Landgemeinde Visbek Landgemeinde Goldenstedt Stadtgemeinde Vechta Stadtgemeinde Lohne Landgemeinde Steinfeld Stadtgemeinde Damme Landgemeinde Neuenkirchen Landgemeinde Holdorf Stadtgemeinde Dinklage Landgemeinde Bakum Landgemeinde Essen Landgemeinde Cappeln Stadtgemeinde Löningen Landgemeinde Lastrup Landgemeinde Lindern Landgemeinde Emstek Stadtgemeinde Cloppenburg Landgemeinde Molbergen Landgemeinde Garrel Landgemeinde Bösel Stadtgemeinde Friesoythe Landgemeinde Saterland Landgemeinde Barßel Samtgemeinde (Landgemeinde) Harpstedt Stadtgemeinde Wildeshausen Landgemeinde Großenkneten Landgemeinde Dötlingen Landgemeinde Ganderkesee Landgemeinde Hude Landgemeinde Hatten Landgemeinde Wardenburg Landgemeinde Lemwerder Landgemeinde Berne Stadtgemeinde Elsfleth Landgemeinde Edewecht Landgemeinde Apen Landgemeinde Bad Zwischenahn Stadtgemeinde Westerstede Landgemeinde Wiefelstede Landgemeinde Rastede Stadtgemeinde Brake Landgemeinde Ovelgönne Landgemeinde Jade Landgemeinde Stadland Stadtgemeinde Nordenham Landgemeinde Butjadingen Stadtgemeinde Varel Landgemeinde Bockhorn Landgemeinde Zetel Landgemeinde Sande Stadtgemeinde Schortens Stadtgemeinde Jever Landgemeinde Wangerland Inselgemeinde (Landgemeinde) Wangerooge

Gegenwärtige Landkreise, kreisfreie Städte, Kreisstädte und Gemeinden des Oldenburger Landes seit 1977. Vgl. frühere Verwaltungsgliederungen unter Landeskarten.
(Aus: Gemeinden im Gebiet des Niedersächsischen Verwaltungsbezirks Oldenburg nach 1977. Entwurf R. Moed. Nach: Bez. Karte, Reg. Bez. Weser-Ems 1984. Hg. durch das Niedersächsische Verwaltungsamt Hannover. Koloriert durch die Oldenburgische Landschaft 2000, in: Manfred Furchert: Oldenburgisches Wappenbuch, Band 1, Die Wappen der Landkreise, Städte und Gemeinden des Oldenburger Landes, hrsg. von der Oldenburgischen Landschaft, Veröffentlichungen der Oldenburgischen Landschaft, Band 7, Oldenburg 2003, S. 141; bearbeitet von Martin Teller, November 2006.) Zum Vergleich siehe unter Geographie und Literatur weitere Landeskarten mit geographischen Landschaftsstrukturen.
 

Heutige Landesüberreste

Wie dargestellt existiert das Oldenburger Land nach Eingliederung ins Bundesland Niedersachsen 1946 und nach Auflösung als Verwaltungsbezirk 1978 nicht mehr als politische Einheit, nur noch als Summe seiner Einzelteile (Karte s.o.). Doch auch in Überresten jenseits der staatlichen Ebene ist es durchaus noch vorhanden: als kirchliche Verwaltungsstrukturen (Evangelisch-lutherische Landeskirche, Offizialatsbezirk Oldenburg des katholischen Bistums Münster), als Wirkungsgebiet der Oldenburgischen Landschaft, in Verbandsgrenzen, und auch durch die hiesige Netzpräsenz www.Stadt-Land-Oldenburg.de, die dazu beitragen will, das Zusammengehörigkeitsgefühl lebendig zu halten. Als historisches Land ist Oldenburg ohnehin unauslöschlich und bleibt denjenigen seiner Einwohner, die außer einer rein heutigen auch eine historische Reflexionsebene besitzen, immer gegenwärtig.

Um die Brücke von der Geschichte zur Gegenwart vollständig zu schlagen, müssen noch die jüngsten territorialen Veränderungen kurz vor dem Aufgehen des Verwaltungsbezirks Oldenburg im Regierungsbezirk Weser-Ems erwähnt werden. Dabei handelt es sich nur um recht kleine Flächentauschungen mit den Nachbarbezirken, -kreisen und -gemeinden während der niedersächsischen Gebietsreform 1972-1978. Bis 1977 kamen die Gemeinden oder Gemeindeteile Neustadtgödens, Gehlenberg, Wachtum, Vörden und die Samtgemeinde Harpstedt (mit acht Einzelgemeinden Beckeln, Colnrade, Dünsen, Groß Ippener, Harpstedt, Kirchseelte, Prinzhöfte und Winkelsett) an den Verwaltungsbezirk Oldenburg und seine jeweiligen Kreise. Dagegen wurden 1974 Idafehn, Stuhr, Landwürden und die Weserinsel Harriersand mit Hammelwarder Sand abgetrennt und benachbarten Verwaltungseinheiten außerhalb des Verwaltungsbezirks Oldenburg zugeschlagen. (Zur Lage vgl. die Übersichtskarte Territorialentwicklung des Oldenburger Landes(teils) im 19. und 20. Jahrhundert unter /Landeskarten/Verwaltungsgliederungen.)
Auch wenn etliche – nicht alle – nach 1978 gezeichneten Karten des Oldenburger Landes diese jüngsten Veränderungen berücksichtigen, läßt sich fragen, ob und inwiefern sie überhaupt wirksam sind für „das“ Oldenburger Land (dessen Bewohner seit 1946 bei existentiellen Belangen schließlich nie mitbestimmen konnten) – oder wirksam nicht vielmehr nur für die modernen Kreise, die eben nicht auf jedem Meter ihrer Außengrenzen das historische Land Oldenburg nachzeichnen, sondern eher moderne Verwaltungseinteilungen (mit großem historischen Deckungsgrad) sind. Es steckt dahinter die grundsätzliche Frage, ob man dem Land Oldenburg eine Weiterentwicklung auch nach seiner politischen Auflösung zugesteht oder es in ausschließlich vergangenheitsbezogener Existenz begreift. Der Verfasser neigt zu ersterem, schon um die eindeutig undemokratischen Eingriffe von 1946, 1956 und 1975 nicht auch noch nachträglich als maßgeblich anzuerkennen. Dann aber müssen wiederum auch die Veränderungen von 1972-1978 hinterfragt werden, da sie auf der Basis der ersteren geschahen. Bei rein historischer Landesbetrachtung aber muß man zweifellos immer die 1974 abgetrennten Teile einbeziehen und in der Regel die bis 1977 dazugeschlagenen fortlassen, falls sich nicht wie bei Harpstedt Bezüge zur älteren oldenburgischen Landesgeschichte finden.

Die jüngst zum 22.11.2006 eingerichtete Metropolregion Bremen-Oldenburg stellt nicht etwa eine neue bundesländerübergreifende Verwaltungsgliederung dar, sie ist vielmehr ein gemeinschaftliches Instrument zur politischen und wirtschaftlichen Selbstvermarktung innerhalb der Europäischen Union, die vor allem Regionen im Blick hat. Ihre Mitglieder sind neben den Ländern Niedersachsen und Bremen sowie sämtlichen regionalen Industrie- und Handelskammern fünf Städte: Bremen, Bremerhaven, Delmenhorst, Oldenburg, Wilhelmshaven, und zehn Landkreise: Ammerland, Cloppenburg, Cuxhaven, Diepholz, Friesland, Oldenburg, Osterholz, Vechta, Verden und Wesermarsch. Damit sind sowohl sämtliche gegenwärtigen Oldenburger Verwaltungseinheiten als auch fast komplett (bis auf Idafehn) das historische Land Oldenburg von 1946/74 in dieser Vereinigung vertreten, das damit einen neuen institutionellen Rahmen gefunden hat. Den Rahmen für das regionale Identitätsgefühl seiner Bewohner wird aber sicherlich nicht eine noch geschichtslose Marketingeinrichtung bilden, das gelingt noch immer kaum dem Bundesland Niedersachsen, sondern weiterhin das altlebendige Oldenburg.

Flächen und Einwohner des heutigen Oldenburger Landes

Landkreise /
kreisfreie Städte

Fläche  km²

Rang

Einwohner (31.12.2005)

Rang

Einwohner-dichte/ km²

Rang

LK Ammerland

728,23

5.

115.891

5.

159,1

6.

LK Cloppenburg

1.418,18

1.

155.642

2.

109,7

9.

LK Friesland

607,85

6.

101.412

6.

166,8

4.

LK Oldenburg

1.063,07

2.

125.731

4.

118,3

7.

LK Vechta

812,54

4.

133.401

3.

164,2

5.

LK Wesermarsch

821,92

3.

93.725

7.

114,00

8.

Stadt Delmenhorst

62,36

9.

75.916

9.

1.217,4

2.

Stadt Oldenburg

102,96

8.

158.565

1.

1.540,1

1.

Stadt Wilhelmshaven

106,91

7.

83.552

8.

781,5

3.

Land Oldenburg in heutigen Kreisgrenzen

5.724,02 

  

1.043.835 

  

182,36 

 

Quelle: entsprechende Artikelseiten von Wikipedia, hier mit Berechnungskorrekturen des Verfassers.
 

Martin Teller, 5.12.2006

 


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