Oldenburger Naturlandschaften ●
Landschaftsgeschichte Nordwestdeutschlands
Landesgeographische Literatur
Geschichte, zumal buchstäblich Landesgeschichte,
spielt sich nicht in einem konturlosen Raum ab, sondern ist immer mit
einer bestimmten Gegend verbunden, die auf jene einwirkt und jene
wiederum auf sie. Ohne diese lokal und regional individuellen
Rückkoppellungen hätte sich die dortige Geschichte vielleicht ganz
anders entwickelt, hätte sich unter anderen Rahmenbedingungen teilweise
zwangsläufig anders entwickeln müssen. Wer etwas über Geschichte wissen
will, wird daher um einem Blick auf die sie umgebende und einbettende
Geographie nicht herumkönnen.
Wie tief indes der Blick in die
landschafts- und siedlungsgeographischen Details gehen soll, hängt von
Fragestellungen ab, die von Betrachter zu Betrachter jeweils
unterschiedlich sein werden. Daher soll an dieser Stelle nicht über eine
knappe Vorstellung der geographischen Landschaften im hauptsächlichen
Oldenburger Landesteil und über eine stichwortartige allgemeine
nordwestdeutsche Landschaftsgeschichte hinausgegangen werden. Ersteres
erfolgt im wesentlichen anhand einer bereits überblickartigen
Zusammenstellung von Dietrich Hagen:
Der Naturraum [des Landes
Oldenburg], in: Dietrich Hagen, Heinrich Schmidt, Günter König:
Oldenburg, Land zwischen Nordsee und Dammer Bergen, Oldenburg 1999, S.
7-16.
Oldenburg-Interessenten könnten das Thema
und seine verschiedenen Schwerpunkte beispielsweise anhand nachstehender
Literatur jederzeit vertiefen.
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Die Hunte, Porträt eines nordwestdeutschen Flusses,
hrsg. von der Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte
Weser-Ems e.V. (BSH) in Zusammenarbeit mit dem
Naturschutzverband Niedersachsen e.V. (NVN), durch
Remmer Akkermann, Oldenburg 1994.
Dietrich Hagen:
Naturraum [der Stadt] Oldenburg und Umgebung – geprägt
durch Geest, Moor und Marsch, in: Klaus Brake, Rainer
Krüger: Oldenburg im Profil, Erkundungen und
Informationen zur Stadtentwicklung, Oldenburg 1995, S.
432-439.
Mamoun Fansa
(Hrsg.): Mensch und Meer – Küste und Marsch – eine ewige
Liebesgeschichte, Schriftenreihe des Landesmuseums für
Natur und Mensch Oldenburg, Heft 44,Oldenburg 2006.
Derselbe (Hrsg.):
Vom Eise befreit, Geest – reiche Geschichte auf kargem
Land, Schriftenreihe des Landesmuseums für Natur und
Mensch Oldenburg, Heft 25, Oldenburg 2002.
Derselbe (Hrsg.):
Weder See noch Land – Moor – eine verlorene Landschaft,
Oldenburg 1999.
Hubert Hanenkamp:
Artikel „Landschaften Oldenburg, naturräumliche
Gliederung“, in: Oldenburg, ein heimatkundliches
Nachschlagewerk, zusammengestellt von Franz Hellbernd
und Heinz Möller mit dem Arbeitskreis für Heimatkunde im
KOLV, Vechta 1965 [vor einiger Zeit neuaufgelegt], S.
345-348.
Rosemarie Krämer:
Die naturräumlichen Voraussetzungen für die Besiedlung
der Stadt Oldenburg, in: Bodenfunde aus der Stadt
Oldenburg, hrsg. vom Staatlichen Museum für Naturkunde
und Vorgeschichte durch Karl Otto Meyer, Archäologische
Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 3,
Oldenburg 1988, S. 10-16.
Hans Heinrich
Seedorf, Hans-Heinrich Meyer: Landeskunde Niedersachsen,
Natur- und Kulturgeschichte eines Bundeslandes, Band 1:
Historische Grundlagen und naturräumliche Ausstattung,
Neumünster 1992.
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Oldenburger Naturlandschaften
Die Landschaften Oldenburgs nach physisch-geographischen
Merkmalen, von Dietrich Hagen, in: Der Naturraum [des Landes Oldenburg];
Dietrich Hagen, Heinrich Schmidt, Günter König: Oldenburg, Land zwischen
Nordsee und Dammer Bergen, Oldenburg 1999, S. 7. Ergänzt von Martin
Teller, Dezember 2006. Die Kreisgrenzen konnten nur leicht verzerrt
nachgetragen werden. Zur Beschreibung der mit grünen Ziffern markierten
Landschaften siehe nachfolgende Abschnitte (
1,
2,
3,
4,
5,
6,
7).
Vgl. dazu auch die Höhenstufen in der
Handkarte
des Herzogtums Oldenburg 1912 unter
Landeskarten/20.Jahrhundert
und die Oberflächenstrukturen in einer bearbeiteten
Landeskarte von 1980 bei
Literatur.
Geschichtliche und geographische
Landschaften sind selten völlig deckungsgleich, auch nicht im Land
Oldenburg. Die primär „menschengemachten“ Herrschafts- und
Verwaltungsgliederungen, die sich freilich oft an den
naturlandschaftlichen orientieren, wurden bereits oben unter
Landschaftsteile vorgestellt. Im folgenden werden die
natürlichen Landschaften beschrieben, in welche sich unser Raum
untergliedert, deren Oberflächen der Mensch allerdings stark umgeformt
oder (v.a. an der Küste) sogar mitgeschaffen hat.
1. Norden, küstennahes Hinterland
Der Norden des Oldenburger Landes grenzt an
die südliche Nordsee mit ihrer hier etwa 7,5 km breiten Wattenzone, an
deren Nordende zur offenen See die Düneninsel Wangerooge liegt. Das
Festland bildet das westliche Ufer des gemeinsamen Mündungsdreiecks von
Elbe und Weser in die Deutsche Bucht. Die Abflußrichtung des einst nur
kleinen Flüßchens Jade in die Nordsee hat den Weg für mehrere
mittelalterliche Meereseinbrüche vorgezeichnet, die zusammen mit den
nachfolgenden Wiedereindeichungen diesen Küstenabschnitt völlig
umgestaltet haben und dabei den Jadebusen entstehen ließen. Er bildet
zusammen mit der Außenjade die östliche Begrenzung des Wanger- und des
Jeverlandes.
Im Westen ab der Stadt Jever steigen noch niedrig die ostfriesischen
Geestgebiete an, die im Süden auf die Oldenburger Geest überleiten.
Abgesehen davon besteht das Gebiet weitgehend aus flachen
Meeresablagerungen (Marschen), die von zahlreichen Entwässerungsgräben
durchzogen sind, welche durch kleine Flüßchen und über zahlreiche Siele
und Schöpfwerke ins Watt entwässern. Den weitgehend waldlosen Horizont
beleben lediglich Deiche, Hof- und Dorfwurten sowie einige höhere
Kirchtürme, ansonsten bietet sich dem Auge ein flaches gleichförmiges
Landschaftsbild.
Die Kleiböden der weiter landeinwärts gelegenen Altmarschen sind stark
verdichtet, vernäßt, und tiefgründig entkalkt und eigenen sich nur für
Gründlandnutzungen. Am Geestrand ist die Marsch oft so schlecht
entwässert, daß sich dort Flach- oder Niedermoore gebildet haben.
Dagegen sind die Böden der Jungmarschen noch lockerer, trockener und
kalkreicher und ermöglichen dadurch sehr ertragreichen Ackerbau; wie in
der Harlebucht, die sich das Wangerland mit dem ostfriesischen Harlinger
Land teilt. Dieser alte Meereseinbruch wurde von Mitte des 16. bis Mitte
des 20. Jahrhunderts wieder eingedeicht. Neuer Landgewinn aus dem Meer
wird heute nicht mehr angestrebt, außendeichs angelegte Groden dienen
nur noch dem Schutz der Deiche und sind zudem meist wertvolle Biotope
für die Küstenflora und -fauna.
Blick von der Dangaster Geestkante über das Watt in
Richtung Wilhelmshaven. Foto: Martin Teller, 24.9.2006. – Zur Karte
der Landschaftsgliederung
2. Butjadingen und Wesermarsch
Ein Teilsystem im gemeinsamen
Mündungstrichter von Elbe und Weser bildet der Wesermündungstrichter,
der sich weit zwischen Butjadingen und dem außeroldenburgischen Land
Wursten (südwestlich Cuxhaven) öffnet. Die Vogelschutzinsel Mellum liegt
näher am wangerländischen Ufer, ist von diesem aber durch den Jadestrom
getrennt und über die Wattenzone mit Butjadingen verbunden. Sie ist eine
über dem Normalhochwasser liegende nicht endgültig festgelegte,
teilweise bewachsene Sandplate mit nur niedriger Vegetation. Im letzten
Krieg wurde dort ein Ringwall angelegt, in dem sich die Vogelwarte
befindet.
Die Halbinsel Butjadingen zwischen Jade und Weser ähnelt landschaftlich
den Marschen des wanger- und jeverländischen Frieslands. Ihre
natürlichen Höhen gehen nicht über 2 m über NN hinaus, einzelne Bereiche
liegen unter dem Meeresspiegel, weite Flächen bei lediglich 1 m über NN.
Ein leichtes Gefälle gliedert den Raum in Hoch- und Sietländereien.
Hochland befindet sich vor allem entlang der Flüsse, wo sich gröbere
Sedimente zuerst abgelagert haben. Feinere Sinkstoffe sind weiter
landeinwärts transportiert worden, wo sie tiefer sackten, was – durch
Kultivierungsmaßnahmen noch verstärkt – zu Verdichtung und Vernässung
mit anschließender Niedermoorbildung führte, stellenweise auch zu
Hochmoorwachstum. Bei Sehestedt liegen außendeichs Reste eines
Hochmoores, das von dem Tidenstrom der Nordsee angehoben wird und bei
extremen Hochwässern ein Kliff bildet.
Ein permanentes kleines Kliff zum Jadebusen existiert beim Ort Dangast,
der markant auf einem 5 – 9,5 m über NN hohen eiszeitlichen
Geschiebelehmrest liegt, welcher zur See hin durch eine Mauer vor dem
Abbrechen geschützt ist. Neben Cuxhaven-Duhnen und Schobüll bei Husum
ist dies der einzige Punkt an der deutschen Nordseeküste, an dem ein
Geestrücken das Meer berührt und kein Deichbau notwendig ist.
Ehemals schiffbare, dann eingedeichte und verlandete Weserarme queren
die Halbinsel im Norden und der Mitte in zwei Rinnen (Heete, Ahne), die
einst Verbindungen zwischen Weser und Jade darstellten. In der
Landschaft sind sie nur noch an unterschiedlichen Bodenbildungen zu
erkennen und gelegentlich am Ackerbau im rings umgebenden Grünland, da
die alten sandigen Flußbetten durch Sackung des feinkörnigeren Umlandes
inzwischen wenige Dezimeter höher und trockener liegen als dieses.
Das gleichförmige Landschaftsbild mit stetigem Wechsel von Hochland,
Sietland und Niedermoor/Hochmoor wird im Süden nur vom Unterlauf der
Hunte unterbrochen, die das Gebiet quert. Auch hier erstreckt sich
uferbegleitend tidegeschaffenes Hochland. Weser und Hunte sind mehrfach
begradigt worden, ihr heutiger von Deichen festgelegter Verlauf läßt
nichts mehr von der ursprünglichen Dynamik dieser Flüsse ahnen. Die
Böden sind hier teilweise melioriert und damit ertragsfester geworden.
Im Süden verengt sich die Wesermarsch zwischen der Delmenhorster Geest
und dem Anstieg der Osterholzer Geest und weist in Richtung des Bremer
Stadtkerns.
Alter Huntearm am Lichtenberger Groden bei Dreisielen
nahe Berne in Stedingen. Foto: Martin Teller, 3.6.2007. – Zur Karte
der Landschaftsgliederung
3. Ammerland und Friesische
Wehde
Von Ostfriesland im Nordwesten bis zur
Stadt Oldenburg im Südosten erstreckt sich eine flachgewölbte
Grundmoränenplatte, von der das Ammerland etwa ein Viertel einnimmt.
Ihre an sich ausgeglichene Oberfläche erreicht bei Rastede Maximalhöhen
von ca. 20 m. Zahlreiche kleinere Abflüsse vom Geestrücken in der Mitte
der Platte nach Südwesten und Nordosten folgen rasch wechselnden
parallelen kleinen Talungen, die aber nicht von diesen Auen und Bäken
geschaffen wurden. Vielmehr nutzen sie das bereits unter Eis angelegte
Relief, das die Richtung des drenthezeitlichen Eisschubs (vor etwa
225.000 – 150.000 Jahren) konserviert hat. Der landschaftliche Kontrast
ist am größten zur Wesermarsch, wo die Geestplatte in einer 15 – 18 m
hohen Geländestufe abfällt, die durch einen hohen Laubwaldsaum noch
betont wird. Nach Südwesten taucht die Grundmoräne mit sehr geringem
Gefälle unter die Moore der Leda-Jümme-Niederung. Auf der flachen
Scheitelregion mit kaum ausgeprägter Wasserscheide und unsicherer
Abflußrichtung sind wurzelechte Hochmoore entstanden, die auf den
ostfriesischen Teil der Geest übergreifen.
Zwei Gruppen von Böden sind hier vorherrschend: Bei Kontakt zum
mineralischen Unterboden entstanden Parabraunerden, die sich auf mageren
Standorten podsolig weiterentwickelt haben, in den feuchten Senken
Naßböden (Gleye). Auf Flugsanddecken bildeten sich dagegen ausgeprägte
Auswaschungsböden mit Verdichtungshorizont im Untergrund (Podsole).
Weitverbreitet in der Nähe der ältesten Dörfer, die zumeist aus ihrer
Frühform als Drubbel zu Haufendörfern angewachsen sind, liegen gewölbte
baumfreie Plaggenesche. Diese durch landwirtschaftliche Düngung
entstandenen Auftragsböden haben die Äcker um 1 – 1,20 m überhöht und so
manche Bodenwelle ausgeglichen. Die organischen Bildungen kommen in
Übergängen von Anmoor bis zu reinem Torf vor. Einst ausgedehnte Moore
sind durch menschlichen Eingriff kulturfähig gemacht und dabei
weitflächig zerstört worden. Schließlich haben sich Pseudogleye auf Lehm
oder endelsterzeitlichem Ton gebildet. Wo dieser abbauwürdig ansteht,
bestanden früher viele Ziegeleien, deren Zahl heute erheblich
zurückgegangen ist. Nur auf der Friesischen Wehde werden Ziegelei und
Keramikherstellung noch immer im industriellen Maßstab betrieben.
Die landwirtschaftliche Nutzung zeigt ein sehr abwechslungsreiches Bild.
Eher siedlungsnahe Weiden werden vor allem für die hier stark vertretene
Pferdezucht genutzt, ehe hofferne Äcker mit Maisanbau als Grundlage für
innerbetriebliche Veredelungswirtschaft, etwa Schweine- und Rindermast.
Typisch für das Ammerland ist der Wechsel zwischen Offenland,
Flurgehölzen und Waldgebieten. Dies gibt der Landschaft im Verbund mit
Wallhecken (Knicks) ein parkähnliches Aussehen, was durch die vielen
hier ansässigen Großgärtnereien noch verstärkt wird.
Im Norden am Übergang zur ostfriesischen Geest (bereits im Landkreis
Friesland) besteht ein größeres Waldgebiet, das der historischen
Landschaft Friesische Wehde den Namen gab und jetzt noch knapp 2000 ha
groß ist. Ein Teil davon ist als Naturwald von der Bewirtschaftung
ausgenommen. Darin liegt ein 48 ha großes Naturschutzgebiet, dessen Kern
von ca. 23 ha als Urwald bezeichnet wird. Er ist der Rest eines
mittelalterlichen Hutewaldes aus Buchen und Eichen, dem zusätzlich
Kopfholzgewinnung und durch Seewind beeinflußter Drehwuchs seine
charakteristische Gestalt gegeben haben, die durch liegengelassenes Holz
abgestorbener Bäume noch unterstrichen wird. Dieses Bild eines Urwaldes
im wörtlichen Sinne – „uralt“ und urtümlich – ist in modernen
Wirtschaftswäldern sonst nicht mehr zu finden, schon gar nicht in reinen
Nadelforsten.
Am Zwischenahner Meer in Bad Zwischenahn hinter der
Kirche, Blick auf Dreibergen. Foto: Martin Teller, 21.4.2007. – Zur Karte
der Landschaftsgliederung
4. Leda-Jümme-Moorniederung
Südlich der ganzen
Oldenburgisch-Ostfriesischen Geest zieht sich etwa 60 km von Ost nach
West ein 25 km breites Niederungsgebiet, bis das Gelände im Süden in der
Ems-Hunte-Geest mit Hümmling, Cloppenburger und Delmenhorster Geest
wieder ansteigt. Früher wurde die Senke als Verbindung zwischen
Aller-Weser-Urstromtal und Ems gedeutet. Doch das ist unwahrscheinlich,
weil südöstlich von Oldenburg bei Moslehöhe eine Geländeschwelle und
Talwasserscheide existiert, der Raum also keine einheitliche
Abflußrichtung besitzt.
Das tiefe Gelände wurde für die Trassierung des Hunte-Ems-Kanals genutzt
(begonnen 1855, fertiggestellt 1893, bis 1935 zum Küstenkanal
erweitert). Die Niederung war früher recht unwegsam, da sie von
großflächigen Hochmooren bedeckt wurde, die wichtigsten Verkehrswege
waren Flüsse. Das knapp südlich der Oldenburgisch-Ostfriesischen Geest
gelegene Leda-Jümme-Flußsystem entwässert das Gebiet zur Ems und nimmt
dabei mehrere langgestreckte fast parallel Südost-Nordwest fließende
Nebenflüsse auf, die voneinander isoliert sind und nur von jeweils einem
schmalen Streifen sandiger Kuppen und Rücken begleitet werden,
nacheiszeitlichen Fluß- und Flugsanddünen.
Sämtliche Wasserläufe erscheinen nicht mehr im natürlichen Zustand,
sondern begradigt, kanalisiert und z.T. bedeicht. Daneben wurden zur
Trockenlegung der Moore zahlreiche Gräben und Kanäle angelegt.
Neugeschaffen sind auch die Thülsfelder Talsperre (in nachfolgender
Raumeinheit 5 gelegen) und weitere Zuführungen zur Spiegelhaltung des
Küstenkanals. Nur kleinere und größere Moorseen (Kolke) können noch als
natürlich angesehen werden, wie etwa das Engelsmeer im Kayhauser Moor.
Das natürliche Moorwachstum ist durch landwirtschaftliche Kultivierung
und Torfabbau zum Erliegen gekommen. Demgegenüber bestehen nur wenige
Versuchsflächen zur Wiedervernässung und Moorregenerierung. Je nach Art
der Moorbodenbearbeitung wechseln die hiesigen Böden, natürliche
Bodenbildungen außer alten Torfen und jüngerer Verheidung werden hier
kaum angetroffen. Die Sandrücken wären natürlicherweise mit trockenen
Eichen-Birken-Wäldern besetzt, sind aber entweder mit Plaggeneschen
kultiviert oder auf den ganz armen Standorten mit Nadelholz
aufgeforstet. Flußbegleitend treten Naßgleye und vereinzelt auch
Niedermoorbildungen auf.
Angepaßt an die Bodenverhältnisse überwiegt in der Landwirtschaft immer
noch Grünlandnutzung, obwohl inzwischen in den ehemaligen Mooren durch
Kultivierung und Agrartechnik ermöglicht auch Maisanbau betrieben wird;
auf mineralischen Böden dagegen eine vereinfachte
Fruchtwechselwirtschaft, wobei mit Hilfe von Agrarchemie oft
traditionelle Anbaufolgen überschrieben werden.
Der Elisabethfehnkanal mit Klappbrücke und historischer
Schleuse (hinten) bei Osterhausen. Foto: Martin Teller, 8.7.2007. – Zur Karte
der Landschaftsgliederung
5. Ems-Hunte-Grundmoränenplatte:
Hümmling, Cloppenburger Geest und Delmenhorster Geest
Südlich der Leda-Jümme-Moorniederung liegt
eine durchschnittlich 40 km breite Geestschwelle zwischen der Ems im
Westen und der Weser im Osten – gealterte Grundmoränenlandschaft wie
schon die Oldenburgisch-Ostfriesische Geest. Von der zuvor beschriebenen
Niederung unterscheidet sie sich deutlich durch eine andere Oberfläche,
andere Böden und andere klimatische Ausprägungen: Das generell maritim
beeinflußte Klima im Oldenburger Land ist auf der südlichen Geest etwas
„kontinentaler“, d.h. die jahreszeitlichen Merkmale treten stärker
hervor. Dieser Geestrücken verbreitert sich östlich der Hunte auf nahezu
das Doppelte (ist dafür dort nur noch halb so lang), gehört als Syker
Geest aber nicht mehr vollständig zum Oldenburger Gebiet. Der
Oldenburger Teil, die Delmenhorster Geest, liegt südlich der Wesermarsch
und dem modernen Stadtraum Oldenburg, wird im Westen zunächst von der
Leda-Jümme-Niederung begrenzt und reicht dann bis an die mittlere Hunte
(etwa halbe Strecke zwischen Oldenburg und Dümmer), greift schließlich
östlich an die Geestkante zur Wesermarsch in den Stadtraum Delmenhorst
aus.
Anhand einer Wasserscheide läßt sich der langgestreckte westliche
Geestrücken nochmals gliedern: in den Hauptteil der Cloppenburger Geest,
auf der die Abflußrichtung der Flüsse ziemlich streng nach Norden und
Süden orientiert ist, und den Hümmling, dessen Abflußspende nach
Nordwest und Südwest gerichtet ist und der nur in seinem Osten
oldenburgisches Gebiet berührt. Seine mittleren Reliefhöhen liegen auf
35 bis 40 m (Windberg 73 m). Das Gelände steigt zur Garther Heide
östlich von Cloppenburg auf 60 m an und fällt in der Delmenhorster Geest
auf 40 bis 35 m zurück, sinkt im Norden auf ungefähr 20 m, dann über
eine noch 10 m hohe Geländestufe hinab auf die niedrige Vorgeest am Rand
zu Stedingen und der Bremer Wesermarsch.
Eine Sonderstellung unter den Flüssen nimmt die Hunte ein, die sich
mäandrierend in einem knapp 1 km breiten vertieften Taleinschnitt mit
nur 20 km engem Einzugsbereich bewegt. Sie teilt die auf der
Grundmoränenschwelle gelegene Wasserscheide in einen östlichen und
westlichen Zweig. Der westliche ist über Leda und Hase auf die Ems
ausgerichtet, der östliche über verschiedene Vorfluter auf die Weser.
Die erosive Modellierung des Altmoränenraums ergab eine sanftwellige
Landschaft mit eingesenkten Bächen, die Rücken, Senken und relativ
breite Übergangszonen unterscheiden lassen. Je nach Grundwasserabstand
finden sich trocken-sandige, feucht-organische (Vermoorungen) und
feucht-mineralische Standorte mit entsprechender Bodenbildung. Im Westen
überwiegen sandige Ausprägungen mit Verheidung und Auswaschungsböden (Podsolbildung).
Vereinzelte lehmige Flecken waren Konzentrationsinseln der frühen
Besiedlung.
Die Podsolböden eignen sich besonders für den Anbau von Kartoffeln,
Halmfrüchten und Mais, der daher hier überwiegt. Wo die Heiden nicht in
Ackerland umgewandelt worden sind, hat man sie (überwiegend) mit
anspruchslosem Nadelholz aufgeforstet. Eine Besonderheit ist ein von der
Syker Geest in die Gegend von Goldenstedt hereinragendes
Flottsandgebiet, dessen leichter aber fruchtbarer Löß die
landwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten geringfügig erweitert.
Die Delmenhorster Geest gleicht in Grundzügen der Cloppenburger. An
ihrer gemeinsamen Grenze liegen ausgedehnte Sandfelder, die an den
Verlauf der Hunte gebunden sind. Sie verbreitern sich bei Sandhatten auf
4 km und erstrecken sich bis in das Stadtgebiet Oldenburgs hinein.
Besonders auf dem Ostufer bei Sandkrug bilden sie einen großflächigen
Binnendünenkomplex mit relativen Höhen über 10 m (absolut 23,2 m über
NN). Die Sande wurden erst in jüngerer Vergangenheit durch
Plaggenschälen und Überweidung mit Schafherden mobilisiert.
Aufforstungen seit Anfang des 19. Jahrhunderts schufen hier Nadelforste,
später auch Mischwaldbestände. Direkt am Ufer der Hunte zieht sich eine
Zone mit weitgehend natürlichem Laubwald. Am Nordrand der Delmenhorster
Geest treten Lauenburger Ton bzw. Lehm zutage, die früher Grundlage von
stark vertretener Ziegelindustrie waren, die inzwischen wegen
Ressourcenerschöpfung oder industriellem Wandel eingestellt wurde.
Unter Eichen und Buchen an einer Hunteschleife im
Barneführer Holz bei den Osenbergen. Foto: Martin Teller, 15.7.2007.
Die mittlere Thülsfelder Talsperre beim Petersfelder
Ostufer mit Wasser, Wald, Sandstrand und Heide. Foto: Martin Teller,
9.9.2007. – Zur Karte
der Landschaftsgliederung
6. Das Artland
Die beiden folgenden Räume sind nach
morphologischen Gesichtspunkten getrennt darzustellen, während sie als
„Kinder der vorletzten Eiszeit“ genetisch eine Einheit bilden. Die
physisch-geographische Landschaft des Artlandes setzt sich jenseits der
historischen Oldenburger Landesgrenze (Kreisgrenzen von Vechta und
Cloppenburg) ab Quakenbrück auf einstigem Hannoveraner Gebiet fort.
Von der äußeren Gestalt her handelt es sich bei dem Artland um eine
ausgedehnte Ebenheit, die von Talsandplatten und feuchten Niederungen
nur schwach untergliedert wird. Die Osnabrücker Hase, die gewissermaßen
als Lebensader des Gebietes erscheint, tritt von Süden kommend durch die
Bersenbrücker Pforte ein, fließt nach Norden auf den Südrand der
Cloppenburger Geest zu und wird – anders als die Hunte – durch den
Geländeanstieg nach Westen abgedrängt, bis sie schließlich bei Meppen in
die Ems mündet. Die Hase wird von dem gesamten vielfach verzweigten
Gewässernetz gespeist, das in diesem flachen Relief entstanden ist. Da
das Artland mit seinem Siedlungsmittelpunkt Quakenbrück durch die Dammer
und Fürstenauer Berge (Ankumer Höhe) und die Cloppenburger Geest umrahmt
wird, erscheint es als einheitliches, allseits geschlossenes Becken, das
nur noch in seinen Böden weitere Unterscheidungsmerkmale enthält.
Auf den Talsandplatten zwischen den Wasserläufen überwiegen Podsole in
verschiedenen Varianten. Die aus südlichen Gebieten stammende Lößfracht
und weitere feinkörnige Sinkstoffe der Hase werden sehr bald nach
Eintritt in das Quakenbrücker Becken abgesetzt. Daher herrschen im
allgemeinen grundwasserbeeinflußte Aue- und Lehmböden vor, in den
nördlichen Flußtalböden sandige Gleye. Stellenweise sind bei hohem
Grundwasserspiegel auch Niedermoore entstanden.
Entsprechend den naturräumlichen Voraussetzungen finden sich
grünlandbezogene Nutzungen wie Rinder- und Pferdezucht sowie
Körnerfutter-, Mais- (Corn-Cob-Mix) und Getreideanbau im Wechsel.
Bei der Großen Hase an der Brücke zwischen Löningen und
dem außeroldenburgischen Menslage. Foto: Martin Teller, 9.9.2007. – Zur Karte
der Landschaftsgliederung
7. Dammer Berge
Besonders vor Süden her erheben sich die
morphologisch markanten Dammer Berge wie ein wallartiger Höhenzug. Mit
leicht gebogener Achse wenden sie sich von Neuenkirchen nordöstlich und
ab Damme nördlich auf Steinfeld zu. Von dort setzt sich diese Landschaft
deutlich verschmälert über Lohne bis nach Vechta fort. Westlich davon
existiert ein Gegenstück in den Fürstenauer Bergen (auch Ankumer Höhe
oder Bippener Berge genannt). Sie gehören genetisch als Rahmenergänzung
zum Quakenbrücker Becken, liegen aber außerhalb des Oldenburger Landes.
Bei den Höhenzügen handelt es sich um einen gestauchten Endmoränenzug
mit gut erkennbarer Parallelrückenkontur, der während der Rehburger
Phase der Saale-Eiszeit (vor ca. 225.000 – 220.000 Jahren) entstand. Die
höchste Erhebung auf Oldenburger Seite, der Signalberg nördlich Damme,
erreicht mit seinen sandig-kiesigen Aufschüttungen 146 m. Wo die
Forstwirtschaft nicht Nadelhölzer gesetzt hat, stockt ein trockener
Eichen-Birken-Wald. Dazwischen liegen kleinere Landwirtschaftsflächen,
die von benachbarten Dörfern oder Einzelhöfen aus bewirtschaftet werden,
während sich geschlossene alte Siedlungen nur außerhalb der
Stauchfaltenzone befinden.
Südöstlich fallen die Dammer Berge zur moorigen Dümmerniederung ab, wo
das Westufer des Dümmer-Sees die Grenze des Oldenburger Landes bildet.
Dieses Gebiet ist Teil der vor dem Wiehengebirge ost-westlich
verlaufenden Tal- und Moorzone, die ein Relikt einer kaltzeitlichen
Abflußrinne darstellt.
Auf den Kieskuppen überwiegen gut ausgeprägte Podsole oder podsolierte
Waldböden. Am Ostrand der Dammer Berge bei Osterfeine erstreckt sich
eine kleine Löß- bzw. Flottsandinsel, welche die generell mageren
Standortvoraussetzungen punktuell leicht verbessert.
Olgahafen am Oldenburger Westufer des Dümmers mit Blick
auf den Stemweder Berg (im Landkreis Diepholz, Grenze zu
Nordrhein-Westfalen). Foto: Martin Teller, 14.10.2007. – Zur Karte
der Landschaftsgliederung
Abriß der
Landschaftsgeschichte Nordwestdeutschlands
Im Eiszeitalter geschaffene morphologische Einheiten im
nordwestlichen Niedersachsen, nach Wolfgang Hartung 1971, in: Rosemarie
Krämer: Die naturräumlichen Voraussetzungen für die Besiedlung der Stadt
Oldenburg; Bodenfunde aus der Stadt Oldenburg, hrsg. vom Staatlichen
Museum für Naturkunde und Vorgeschichte durch Karl Otto Meyer,
Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 3,
Oldenburg 1988, S. 11. Koloriert und ergänzt von Martin Teller, Dezember
2006. Tiefliegende Gebiete (Marschen, Moore, Flußauen sowie Dünenzüge)
grün, Geesthöhen gelb, nochmals höheres voreiszeitliches Mittelgebirge
kariert, Gebiete außerhalb Niedersachsens weiß (Landesgrenzen
vereinfacht, zwischen Osnabrück, Dümmer und Weser zur vollständigen
Erfassung der Geestgebiete auch außerniedersächsisches Gebiet
eingefärbt).
Wer wissen will, wie die beschriebenen
naturräumlichen Landschaften entstanden sind, muß tiefer in die
Erdgeschichte Nordwestdeutschlands schauen. Dafür eignet sich ein
Exzerpt aus der Landeskunde Niedersachsen (Band 1, verschiedene
Kapitel), das der Verfasser zur Vorbereitung seiner Abschlußprüfung in
Geographie angefertigt hatte: Die erdgeschichtliche Genese des
nordwestdeutschen Naturraumes, Bearbeitungsstand vom 18.9.2002.
Im Stile fachlicher Stichwortbücher soll es die hauptsächliche für
unseren Raum relevante Erdgeschichte zusammenfassen, ohne allumfassende
Vollständigkeit anzustreben, was beim Verzicht auf vollständige Sätze
beginnt. Siehe nachfolgenden Link zur entsprechenden Pdf-Datei. Wem ein solches einfaches Nachschlagewerk nicht genügt oder wer
dazu mehr thematische Illustrationen sehen möchte, auf deren Wiedergabe
hier weitgehend verzichtet werden muß, sei auf die oben angegebene
geographische Fachliteratur verwiesen; besonders wiederum auf Dietrich
Hagen: Der Naturraum [des Landes Oldenburg], S. 16-41, wo die
Landschaftsgeschichte mit Schwerpunkt beim Oldenburger Land
zusammenhängend dargestellt ist.
Zur Veranschaulichung der jüngeren
Landschaftsbildungsphasen siehe die ersten Einträge der
Zeittafel und die
erdgeschichtliche Tabelle des Quartärzeitalters unter
Werkzeuge.
Exzerpt: Die erdgeschichtliche Genese des nordwestdeutschen
Naturraumes (Pdf-Datei)
(Technische
Hinweise: Es ist eine Eigenart des verwendeten Freeware-Pdf-Schreibers,
Sprungmarken gelegentlich etwas zu hoch anzusteuern, so daß
man den angesprungenen Bildausschnitt dann noch eigenhändig ein
wenig tiefer rollen muß, um das gewünschte Ziel auch tatsächlich
zu erreichen. Zum Aufrufen der Pdf-Datei wird ein entsprechendes
Leseprogramm benötigt, das kostenlos im Internet zu beziehen ist
und sich unter dem unter Stichwort "Acrobat Reader" rasch finden
läßt.) |
Martin Teller, 4.1.2007
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