Das Oldenburger Wunderhorn

Heidenwall-Gestaltung

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Der weitere Umgang mit Fund und Fundstätte

Ideen zur Gestaltung der Heidenwall-FundstätteBedrohliche GleispläneEntwicklungen nach 2007
 

Rettung des früheren Flussarms

Wer geglaubt hatte, nach dem Beschluss des Stadtrats zum Erhalt des Heidenwall-Flurstücks vom 5.7.2007 sei die gesamte Grabungsfläche endlich außer Gefahr, sah sich getäuscht. Am 18.7.2007 informierte Grabungstechniker Gerhard Stahn den Verfasser über beiläufig mitgeteilte Absichten der Stadtverwaltung: Demnach sollte nun doch nur der unmittelbare Burgplatz erhalten und der äußere Kranz mit dem ehemaligen Flussarm doch noch dem Gewerbegebiet zugeschlagen werden – obwohl dieser den Heidenwall als „Burggraben“ umgab, damit untrennbarer Teil der Ringwallanlage ist und außerdem noch ununtersuchte Bodenfunde enthält!
Die Frage des Grabungstechnikers, ob der Verfasser sich nicht erneut für den Schutz der ganzen Parzelle einsetzen könne (da doch seine bisherige Initiative so überaus erfolgreich war), nahm letzterem die kurzzeitige Illusion, nun nicht mehr kulturpolitisch kämpfen zu müssen und sich rein wissenschaftlicher Tätigkeit widmen zu können.

Mit nachstehender Mail vom 19.7.2007 wandte sich der Verfasser an die Ratsmitglieder Herrn Schwartz (FDP) und Frau Reith (Die Grünen), an den Oberbürgermeister Prof. Dr. Schwandner, und am 20.7. wegen der Urlaubszeit sicherheitshalber auch noch an seine Stellvertreterin Frau Meyn. Dr. Pantel als einer der zuständigen Verwaltungsleiter war zu der Zeit im Urlaub, wie sich im Telefonat mit einem der Adressaten herausstellte.

Über den Beschluß des städtischen Bauausschusses vom 5.7.2007, das Heidenwall-Flurstück zu erhalten, haben sich außer mir viele geschichtsbewußte Menschen der Stadt Oldenburg sehr gefreut. Bislang konnten alle davon ausgehen, damit sei nun die gesamte bisherige Grabungsfläche vor Überbauung geschützt, die außer dem eigentlichen Wallring auch den umgebenden alten Huntearm einschließt, der als natürlicher „Burggraben“ unmittelbarer Bestandteil des historisch-archäologischen Bodendenkmals ist.

Nun habe ich gestern bei Dreharbeiten vor Ort (NDR-Bremen und RTL) erfahren, die Stadt plane entgegen bisheriger Zusage, den Grabenteil bis fast an den Wallring heran abzugraben und mit Sand auszufüllen, um ihn doch noch den benachbarten Gewerbegrundstücken zuzuschlagen. Der Grabungstechniker Herr Stahn hat diese Information vom städtischen Sachbearbeiter Herrn [X – dem Verfasser bekannt] erhalten. Damit würde nicht nur fahrlässig ein Teil des Bodendenkmals aufgegeben und die historische Stätte in ihrer räumlichen Wirkung gestört (soll eine spätere Wallrekonstruktion direkt an einer Gewerbegrundstücksgrenze enden?), vor allem ließen sich erst kürzlich im äußeren Flußbett entdeckte Holzkonstruktionen später nicht mehr untersuchen.

Diese Zerstörungsaktion, die zur raschen Schaffung von Tatsachen bereits für die nächsten Tage geplant sei, ist rechtlich völlig unnötig, da sämtliche umliegenden Parzellen entgegen meinem bisherigen Kenntnisstand noch in städtischem Besitz seien, wie ich von Herrn Schatke erfuhr, der auf meine Bitte gegenüber den TV-Sendern als Vertreter der Stadt Oldenburg ebenfalls anwesend war. Ich selbst kann keine näheren Auskünfte darüber geben und würde Sie bitten, gegebenenfalls bei Herrn Stahn nachzufragen ([Diensttelefonnummer]). Aus wissenschaftlicher Sicht wäre eine Aufgabe der Flußbettanteile ein Fehler, aus Stadtmarketinggesichtspunkten wäre sie eine Dummheit (anlaufende Überlegungen, das Gelände als Ausflugs- und Lernort zu gestalten). Da die Sache offenbar dringlich ist, würde ich es für sinnvoll halten, wenn Sie direkt mit dem Stadtbaurat Herrn Dr. Pantel darüber sprechen und die nicht zu überbauende Heidenwall-Parzelle sicherheitshalber weiträumig ausmessen und in ihren Umrissen deutlich sichtbar markieren lassen könnten.

Die angesprochenen Ratspolitiker haben den Appell zum Kulturschutz vorbehaltlos unterstützt. Ebenso der Oberbürgermeister, wie aus den Ortsangaben seines Antwortschreibens vom 30.7.2007 (dritter Absatz) hervorgeht, in dem er den Erhalt der ganzen historischen Parzelle zusagt, die dann tatsächlich umgehend gesichert wurde; siehe das folgende Foto.
 

1. August 2007: Zum Schutz der Wallhölzer war die Fundstätte bereits bis Ende Juli mit feuchtem Klei und der wiederum mit Sand abgedeckt worden (Bildmitte). Zur Sicherung der vollständigen Heidenwall-Parzelle vor Bauarbeiten im benachbarten Gewerbegebiet hat die Stadt nun einen Wall aus Spülsand entlang der Parzellengrenze aufgeschüttet (quasi ein neuer „Heidenwall“) Foto: Martin Teller
 

Diese von Öffentlichkeit und Fachwelt weitgehend unbemerkten Ereignisse waren nichts weniger als die dritte „Rettung“ des Heidenwalls, nachdem der Verfasser am 10.5.2007 die Archäologie und die Stadt für eine Suchgrabung auf dem Heidenwall-Gelände interessieren konnte und die Archäologen angesichts der reichen Funde am 1.6.2007 der Stadt eine ordentliche Ausgrabung abringen konnten, die freilich immer noch die anschließende Aufgabe des Geländes zum Ziel hatte. Die erste Rettungsaktion war also die Ausgrabung, die zweite bestand dann im prinzipiell zugesagten Erhalt des Wallflurstücks durch Ratsbeschluss vom 5.7.2007, dem drittens die wieder vom Verfasser erreichte ausdrückliche Einbeziehung und Sicherung der kompletten Parzelle folgte.

Freilich gab es auch schmerzliche Verluste. Zum einen der abgegrabene Klosterdeich zwischen IKEA-Gelände und Blankenburger Holz, weiter der Grabungsabraum aus dem Wallinneren, der m. W. entgegen ursprünglicher Absicht aus Zeitgründen nicht mehr durchgesiebt werden konnte, als noch von der Aufgabe des Geländes nach dem 11.7.2007 (verlängert bis 13.7.) ausgegangen werden musste. Aus demselben Grund konnte auch der wohl natürliche Sandrücken im Osten der Grabungsfläche, auf dem die Zelte standen, nicht näher untersucht werden, sowie die tropfenförmige Geländeerhebung südlich des Wiesengrabens, dem künftigen Speditionsgelände. (Vgl. Karte vom Grabungsgelände.) Überhaupt ist zu schnell und zu viel ausgegraben worden, was man aber kaum den beteiligten Archäologen zum Vorwurf machen kann sondern denen, die sie zu dieser Eile gezwungen haben. Außerdem ist der landschaftshistorisch wichtige Wiesengraben, der die historische Flurparzelle nach Süden begrenzte und (wie der Verfasser bereits vor der Grabung wusste) den Huntearm um den Ringwall nachzeichnete, schon während der Ausgrabung und nun endgültig vom Sicherungswall zugeschüttet worden. Er kann und sollte aber wieder neu angelegt werden, wenn das Gelände hoffentlich irgendwann zu einer Kulturstätte hergerichtet wird.

Ideen zur Gestaltung der Heidenwall-Fundstätte

Nach solchen Ereignissen sieht sich der Verfasser noch immer genötigt – und sei es präventiv –, den Heidenwall weiterhin gegen Übergriffsversuche zu verteidigen. Dazu diente der folgende Diskussionsanstoß über eine sinnvolle Gestaltung der Heidenwall-Parzelle und mögliche Wall-Rekonstruktionsmodelle, der dazu beiträgt, öffentliche wie offizielle Wachsamkeit gegenüber dem Thema zu erhalten. Darin wird man von einigen Kulturfachleuten, Journalisten und vielen interessierten Bürgern bestärkt, wie die Initiative der geschichtsbewussten Neuenweger Bürgervereinsvorsitzenden Frau Kempermann zeigt, die den Verfasser in einem Telefonat von Mitte Oktober 2007 um Konkretisierung bereits geäußerter Ideen bat, was in einem Rundschreiben am 23.10.2007 erfolgte (vgl. Zum Umgang mit dem Bodendenkmal vom 1.7.2007):

Gestaltungs- und Nutzungsvorschläge für die Heidenwall-Parzelle

Sehr geehrte [Damen und Herren – fast dieselben Adressaten wie im Brief über Gut Drielake*)],

über das große und anhaltende Interesse der Oldenburger Bürgerschaft am Heidenwall freue ich mich sehr. Denn es war für mich als „freischaffender“ Historiker kein leichtes Unternehmen, das von mir wiederentdeckte Kulturdenkmal vor unkontrollierter Zerstörung zu bewahren und Stadtväter, Fachwelt und Öffentlichkeit für eine archäologische Ausgrabung zu begeistern. Wenn man mir freilich eher Gehör und Glauben geschenkt hätte, wäre der große Zeitdruck einer Notgrabung vermeidbar gewesen. Vor allem hätten Möglichkeiten geschaffen werden können, die Funde am originalen Burgplatz zu konservieren und auszustellen, wohin sie geschichtlich gehören. Da nun aber immerhin das historische Heidenwall-Flurstück erhalten wird, bleibt die Möglichkeit bestehen, die originale Geschichtsstätte mit der gebotenen fachdidaktischen Sensibilität als Geschichtsdenkmal, Lernort und Ausflugsziel zu inszenieren, während die Originalhölzer sicherlich kostengünstiger in Museen und durchaus auch an anderen Ausstellungsorten (wie etwa dem Fliegerhorst) gezeigt werden können.

Inzwischen bin ich nicht mehr der einzige, der eine Rekonstruktion der Ringwallanlage am authentischen historischen Ort beim alten Huntearm befürwortet. Durch weitgehenden Abbau der originalen Burgteile bietet sich dort nun der Vorteil größerer Gestaltungsfreiheit – das lässt sich nämlich auch als Chance begreifen.
Wir Heutigen konnten den Heidenwall nur in seiner Innenkonstruktion als niedrigen doppelten Halbring aus Baumstämmen und Erde betrachten. Ursprünglich war er aber bekanntlich eine wehrhafte Burg mit vollständigen Wällen, Gräben und Brücke(n?) und sollte als solche wenigstens ansatzweise auch wieder in Erscheinung treten, weil sich so seine Funktion als „Wächter“ der Huntefurt besser darstellen und begreifen lässt.
Es sei dahingestellt, ob die anhand vergleichbarer Ringburgen zu rekonstruierenden Wälle mit Wehranlagen überall ihre mutmaßliche volle Höhe erreichen und damit begehbar bzw. für Kinder bespielbar („erlebbar“) sein müssen. Möglich wäre auch eine aneinanderfolgende Komposition aus a) ebendieser Vollrekonstruktion, b) freiliegender und damit sichtbarer Innenbefestigung aus Baumstämmen – modern nachgebaut, und c) einem einfachen auf den Boden gezeichneten Ringabschnitt, der auch als kleine grasbewachsene Bodendelle angelegt sein könnte. Das würde sehr augenfällig die drei Forschungsabschnitte des Heidenwalls darstellen: c) die Ausgangssituation bei Wiederentdeckung, b) die Ausgrabung, a) die wahrscheinliche historische Gestalt. Der Abschnitt der Vollrekonstruktion wäre am besten in den Westen zu rücken, um die dort gelegene Brücke integrieren zu können.
Eine solche Abschnittsrekonstruktion am authentischen historischen Burgplatz wäre zweifellos ein interessantes und wohl auch gut besuchtes Ziel für Bildungsausflüge aus Schule, Universität und anderen Lehreinrichtungen sowie für touristische Ausflüge aus Oldenburg selbst und aus umliegenden Städten und Gemeinden. Natürlich müssten Tafeln mit Texten und Zeichnungen die Anlage erläutern und in die geschichtlichen Zusammenhänge einbinden. Den historischen und landschaftsgeschichtlichen Part daran würde ich selbst übernehmen können. Dabei möchte ich an meine modellhafte Skizze der hochmittelalterlichen Landschaft um den Heidenwall erinnern, die ich der Öffentlichkeit am 17.9.2007 in einem Vortrag vorgestellt habe. Eventuell ließe sich die bauliche Geschichtsinszenierung noch mit interessanten Vorschlägen Dritter kombinieren, am Heidenwall von IKEA eine Freiluftgastronomie betreiben zu lassen oder dort eine Anlegestelle für die Oldenburger Börteboote einzurichten. Denkbar wäre m. E. in den Sommermonaten eine Route Oldenburger Hafen – Drielake bei der Eisenbahnbrücke – Donnerschwee und Heidenwall (Fähre in Erinnerung an die Furt) – Osthafen/Blankenburger Holz – Kloster Blankenburg? – Iprump.

Bevor aber derartige Gestaltungsideen umgesetzt werden können, ist einschränkend festzustellen, dass 1. ein „neuer“ Heidenwall immer nur als Halbring rekonstruiert werden kann, weil der ehemalige nördliche Ringteil in der frühen Neuzeit von der Hunte erodiert wurde und nun „im“ Unterlauf des Hemmelsbäker Kanals liegt, dem alten Huntearm. Landschaftsverhältnisse wie bei den Ringburgen von Bokel/Wiefelstede oder bei Dehltun/Ganderkesee, deren oberirdische Wallreste noch größtenteils erhalten sind, haben wir hier nicht und werden wir auch nicht herstellen können.
Solange 2. noch archäologische Überreste in der Parzellenfläche und teilweise noch unter dem Kanaldeich liegen, kann selbstverständlich darüber keine massive und tief im Boden verankerte Rekonstruktion errichtet werden. Eine zukünftige Forschung darf nicht grundlegend behindert oder gar verhindert werden.

Um im Jahr 2008, dem Jubiläumsjahr des Namens Oldenburg, Einwohnern und Gästen die Heidenwall-Parzelle trotzdem nicht als leere Fläche präsentieren zu müssen, schlage ich eine kostengünstige und pragmatische Behelfskonstruktion als Zwischenlösung vor. Die unten mit Klei und oben mit Sand abgedeckte Heidenwall-Stätte ließe sich ohne Schaden für archäologische Überreste mit einer dünnen Schicht Humus bedecken, in den (ohne Bodenverdichtung!) Gras einzusäen wäre, um die Sandwüste optisch aufzuwerten. Darin könnten genau über der originalen Stelle vorsichtig drei halbbogenförmig gelegte Pflastersteinreihen mit Querstücken gesetzt werden, welche bei entsprechend genauer Einmessung die Ringe und Kammern des Heidenwalls nachzeichnen würden. Auf diese Weise könnte man wenigstens einen „Ersatzheidenwall“ vorzeigen, solange sich eine aufwendigere Rekonstruktion verbietet. Kosten und Aufwand für Humus, Grassamen, Pflastersteine, die sogar gebraucht sein können, und das gärtnerische Personal dürften nicht ins Gewicht fallen. Ebensowenig der pflegerische Aufwand, der sich auf regelmäßiges Mähen beschränken würde, was die Schafherde erledigen könnte, die ohnehin für den benachbarten Deich „zuständig“ ist. Größere Zierpflanzen dürften noch nicht eingesetzt werden, aber einige randlich aufgestellte Sitzbänke könnten den Ort einladend gestalten, und wenigstens eine kleine Geschichtstafel sollte die Bedeutung der Stätte erläutern. Wenn wieder gegraben werden soll, um zumindest die ganz zuletzt noch entdeckten Holzreste außerhalb des Wallringes zu untersuchen, ließe sich die komplette Bedeckung ganz leicht wieder beseitigen. Vandalismus wäre angesichts simpler Steinreihen auch nicht sehr zu befürchten und hätte andernfalls keine großen Folgen.

Ich würde mich freuen, wenn mein unter anderem in diesem Schreiben dargelegtes fachliches und bürgerliches Engagement ein positives Echo unter allen Adressaten finden würde, die weitgehend dieselben sind wie im Brief vom 30.9.2007.

*) Zusätzlich informiert wurden die Bürgervereinsvorsitzenden von Donnerschwee, Herr Krüdecke, und von Tweelbäke, Herr Harfst.

Gemäß seinem Antwortbrief verstand der ebenfalls angeschriebene Kulturdezernent Herr Schumacher obige generelle Rahmenvorschläge offenbar falsch als zu frühe spezielle Detailfestlegungen. Zur Richtigstellung und als Antwort auf zwischenzeitlich erhaltene befürwortende Schreiben, u.a. auch vom städtischen Kulturausschussmitglied Frau Burdiek (SPD), hat der Verfasser am 16.11.2007 eine Mail an einige „Kulturzuständige“ in Politik und Verwaltung geschickt, siehe den nachstehenden Text:

Gedanken zur Kulturausschußsitzung am 20.11.2007

Sehr geehrte Frau Burdiek, sehr geehrte Frau Kempermann, sehr geehrte Frau Reith, sehr geehrter Herr Elerd, sehr geehrter Herr Precht, sehr geehrter Herr Schumacher, sehr geehrter Herr Schwartz [, etwas verändert auch an Frau Dr. Fries],

als Oldenburger Geschichtsforscher danke ich Ihnen für Ihre Unterstützung bei meinen Bemühungen, die authentische Geschichtsstätte unseres Oldenburger Heidenwalls dauerhaft zu sichern und zukünftig sinnvoll zu gestalten. An der Kulturausschußsitzung am 20.11. d. J. kann ich nicht als Zuschauer teilnehmen, da ich während dieser Zeit beim Oberkirchenrat vor den Archivaren der Region einen Vortrag über den Heidenwall halten werde.

Aus einem Antwortschreiben des Kulturdezernenten Herrn Schumacher auf meine Vorschläge vom 23. Oktober 2007 geht hervor, dass die Stadt zunächst die Ergebnisse weiterer archäologischer Untersuchungen abwarten möchte, bevor man sich Gedanken zu Rekonstruktionsversuchen macht. Dazu bin ich der Auffassung, man solle das eine tun und das andere nicht lassen, solange man sich in gebotener wissenschaftlicher Zurückhaltung nicht vorschnell auf Einzelheiten festlegt, an deren Erforschung ich mich in meinen Fachbereichen auf eigene Initiative beteilige. Entsprechend habe ich mit meinen historisch-didaktischen Überlegungen zur endgültigen Rekonstruktion ausdrücklich nur ein dreiteiliges Rahmenmodell vorgestellt, das ganz bewusst auf architektonische Detailausführungen besonders zum archäologischen Teil verzichtete. Denn ich halte es für unerlässlich, das fachliche Wissen der Archäologen und der Museumspraktiker einfließen zu lassen.

Vertreter der letztgenannten Gruppe werden bestätigen, wie wichtig eine ansprechende Gestaltung für die Vermittlung von Wissensinhalten ist. Daher kann ich mir nicht vorstellen, eine bloße Sandfläche (über den archäologischen Resten) könne einem sehr interessierten Laienpublikum gerade im Oldenburger Jubiläumsjahr 2008 ein ansprechendes Ausflugsziel sein. So nützlich museale Ausstellungen sind, es sollte die originale Burgstätte nicht übergangen werden, die den Reiz des authentischen Geschichtsschauplatzes in sich trägt. Mein Vorschlag, den Heidenwall vorübergehend durch leicht wieder zu beseitigende Steinreihen in ursprünglicher Ausdehnung zu markieren, ihn somit begehbar und erlebbar zu machen, zielt auf einen pragmatischen und kostengünstigen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Ansprüchen von Wissenschaft und Publikum. Dies sei nicht mit einer endgültigen Rekonstruktion zu verwechseln, wobei deren Gestaltungsmöglichkeiten wie im Schreiben vom 23.10.2007 dargelegt davon abhängen, ob und wenn ja: wieviel und wo Überreste dauerhaft im Boden verbleiben.

Herr Schumacher bittet in der Sache um Geduld (die man als leidgeprüfter „Kulturkämpfer“ aufzubringen gewohnt ist), da ja „nichts anbrennt“. Hoffentlich ist diese Annahme nicht zu optimistisch, wenn man in der Presse nicht mehr nur zwischen den Zeilen lesen muss, dass zumindest einige städtische Vertreter den Wunsch zu hegen scheinen, den Osthafen per Gleis anzubinden, das ausgerechnet über die denkmalwürdige und ohnedies sehr randlich gelegene Heidenwall-Parzelle führen soll. Nach drohender Kulturzerstörung durch den Speditionsparkplatz nun also eine durch die Eisenbahn? Ich erinnere daran, dass nicht nur die noch im Boden befindlichen archäologischen Überreste großen Wert haben, sondern auch das historische Flurstück selbst, das wie erwähnt einen originalen Geschichtsort darstellt, von denen wir in der Stadt Oldenburg nur noch wenige haben; ganz abgesehen von der [nach Aussage der Archäologen] europaweiten Bedeutung der Fundstätte.

Die Gleispläne sind nicht frei von Widersprüchen: Demnach hätte die Stadt die Absicht gehabt, nach dem ursprünglich geplanten Verkauf der Fläche als Parkplatz an die Firma Schenker zusätzlich einen Gleisanschluss darüber zu legen – über fremdes Eigentum? Oder hat man die Gleispläne erst nach Verkauf des vorderen zur Holler Landstraße gelegenen Schenker-Grundstücks aufgestellt, nachdem die Fundstätte des Heidenwalls längst ausgegraben wurde, der Rat am 5.7.2007 ausdrücklich ihre Erhaltung beschlossen hatte und sich das Land Niedersachsen finanziell an Grabung und Forschung beteiligte? Oder hat man sich jetzt lediglich jahrzehntealter Gleispläne erinnert, nachdem man kürzlich die Firma Schenker ausgerechnet im Bereich der potentiellen Gleisführung angesiedelt hatte, und stellt dafür erneut das Heidenwall-Flurstück zur Disposition, das manche schon für einen Parkplatz zerstört hätten?
Nebenbei: Ließe sich ein Bahnanschluss im Osthafen nicht auch von Süden entlang des Hemmelsbäker Kanals über freie Flächen herstellen, wenn schon der kürzere Weg von Westen verbaut scheint?

Nicht nur als Wissenschaftler sondern auch als Bürger wird man die Entwicklung weiterhin aufmerksam zu verfolgen haben. Dabei wollen wir u.a. auf Ihren positiven Einfluss nicht nur in kulturellen Belangen hoffen.

Bedrohliche Gleispläne

Man sollte meinen, die Heidenwall-Parzelle in der Deichkurve des Hemmelsbäker Kanals liegt dermaßen abgelegen, dass sich eine Bahnlinie darüber von selbst verbietet. Wenn man sich aber die zu verbindenden Endpunkte Oldenburger Hauptbahnhof und Osthafen anschaut und weiß, dass ein seit langem inaktives Gleis bereits ab Eisenbahnbrücke südlich parallel der Hunte fast bis zur ehemaligen Werft westlich des Hemmelsbäker Kanals führt, der nur noch per Brücke überquert werden müsste, um den Osthafen zu erreichen, kann man (gerade als Geograph) solche Überlegungen prinzipiell sinnvoll finden. Der Verfasser selbst hat derartige Planungen privat gedanklich durchgespielt, noch ehe er von den städtischen Plänen wusste, freilich auch, ehe er sich um den Heidenwall zu kümmern hatte, dessen Schutzwürdigkeit außer Zweifel steht. Freilich wäre es wegen der nur in bestimmten Radien drehbaren Gleise sicher leichter, den Anschluss geradeaus über das nun an die Spedition Schenker verkaufte Grundstück zu führen, als ihn in enger Kurve über die randliche kleine Heidenwall-Parzelle drängen zu wollen. Warum hat man sich mit dem Verkauf des Speditionsgrundstücks so eingeengt?
Die Pläne eines Gleisanschlusses für den Osthafen von Westen her über den Kanal sind allem Anschein nach vor der Ausgrabung und vor dem beschlossenen Schutz des Heidenwalls aufgestellt worden. Daher verwundert es doch, dass manche anscheinend immer noch daran festhalten, obwohl jegliche Zerstörung der historischen Stätte aus wissenschaftlicher und kultureller Sicht völlig inakzeptabel ist. Sind in der Zwischenzeit denn keine alternativen Gleisanschlüsse erarbeitet worden, oder will man den beschlossenen Kulturschutz nur aussitzen?
Wie konkret die städtischen Gleisbaupläne am Kanaldeich beim zuständigen Deichband immer noch diskutiert werden, hat sich der Verfasser berichten lassen. Aufmerksame Bürger konnten sie einigen Artikeln der Nordwest-Zeitung von November 2007 entnehmen, die ausführlich einen notwendigen Gleisanschluss des Osthafens behandeln (Dienstag, 6.11., Nr. 260. Dienstag, 13.11., Nr. 266. Kursive Hervorhebungen vom Verfasser): „Der Bahnanschluss des Osthafens wird eventuell schwierig. Die geplante Trasse läuft über den Grabungsort Heidenwall.“ „Der bisherige Plan würde die Gleise über den archäologischen Fundort ‚Heidenwall’ führen. Kaum Aussicht auf Erfolg.“ – so zitiert der Journalist städtische Aussagen oder gibt sie inhaltlich wieder. Man kommt nicht umhin, das zu lesen als: „Wir würden ja gerne endlich den Heidenwall beseitigen, trauen uns aber nicht so recht.“ Ist es ein Testballon für den Widerstand in der Bevölkerung? Oder ist die Betonung auf den bisherigen Plan zu legen und darf man auf eine kulturverträgliche Lösung hoffen? Dass ein Gleisanschluss für den Osthafen sinnvoll wäre, bestreitet wohl niemand. Nur muss man darauf bestehen, dass kein absichtlicher Gegensatz zwischen Kultur und Wirtschaft konstruiert wird, nach dem Motto: Kulturschutz verhindert Arbeitsplätze. In der mit Arbeitsstellen nicht gerade üppig bedachten Kulturbranche sieht man das ohnehin anders.
Es wurde auf dieser Homepage schon mehrfach geschrieben, man kann es nur eindringlich wiederholen: Das Flurstück des Heidenwalls ist ein historisch authentischer Ort, eine einzigartige Geschichtsstätte, wertvoll für Oldenburger Stadt- und Landesgeschichte und für europäische Archäologie. In politischer Übersetzung heißt das: Man könnte sich mit einer nachträglichen Zerstörung der Heidenwall-Parzelle nicht nur bei der städtischen Bürger- und Wählerschaft und beim Geldgeber Niedersachsen blamieren, sondern europaweit und in der ganzen Welt. In Italien ist der Heidenwall schon bekannt, wie eine Leserin berichtete, in den USA werden Oldenburger Kommunalereignisse mitunter ebenfalls verfolgt, wie der Verfasser am Beispiel der Schlossplatzbebauung erfuhr. Es ist auch vorstellbar, dass sich eines Tages Kulturtouristen aus China für unseren Heidenwall interessieren, auch wenn der nicht ganz mit der Großen Mauer mithalten kann.

Hoffen wir also, dass die inzwischen auch öffentliche Beteuerung des Kulturdezernenten, die Stadt Oldenburg wolle (sich an ihren eigenen Beschluss vom 5.7.2007 halten und) die Heidenwall-Parzelle als Kulturdenkmal erhalten, die tatsächliche Absicht sämtlicher Dezernate und der politischen Führung wiedergibt – jetzt und in Zukunft. Zumindest für den gegenwärtigen Oberbürgermeister scheint dies zuzutreffen, vergleiche seine Festlegung gegenüber dem Bürgerverein Neuenwege (Der Oldenburger Bürger, Dezember 2007).
Der Verfasser sieht keinen Anlass, weniger wachsam zu sein, bis der Fundort nicht nur durch politische Zusagen sondern auch faktisch durch entsprechende Baulichkeiten und Beschilderungen dauerhaft gesichert ist. Dieses ausdauernde Engagement gegen große Widerstände sollten auch die Fachkollegen honorieren, die sich nicht wie der Verfasser um das steinige kulturpolitische Geschäft kümmern mussten und das Glück haben, sich ausschließlich wissenschaftlich mit dem Heidenwall beschäftigen zu dürfen.
Nachdem der Verfasser seinem Land, seiner Stadt und den historischen Wissenschaften mit dem Heidenwall eine schon verloren geglaubte originale Geschichtsstätte sowie ein wichtiges Forschungs- und Ausstellungsobjekt schenken konnte, möchte er schlicht, dass damit zukünftig ordentlich umgegangen wird, was verständlich sein sollte.

Entwicklungen nach 2007

Am besten kann ein dauerhafter Schutz der Heidenwall-Parzelle erreicht werden, wenn sie unter Denkmalschutz gestellt würde, was angesichts ihrer Bedeutung nur konsequent wäre. Allen Rekonstruktions-Befürwortern muss aber bewusst sein, das dies dann restriktive Auswirkungen wohl nicht nur auf weitere archäologische Grabungen sondern vor allem auf die Gestaltungsfreiheit von Rekonstruktionsmodellen hätte, welchen Ideen man diesbezüglich auch immer zuneigt.
Entsprechend können obige Anregungen zur endgültigen Gestaltung des historischen Flurstücks nur generelle Gedankenanstöße sein. Davon unabhängig sollte man Oldenburger Bewohnern und Besuchern gerade im Jubiläumsjahr 2008 aber etwas Sichtbares vor Ort anbieten, und das könnte durchaus eine so pragmatische Lösung sein, wie sie der Verfasser bei seinem Vortrag in Neuenwege am 17.9.2007 und im Brief vom 23.10.2007 vorgeschlagen hat: flache Steinreihen, die den Ringwall lokalisieren und seine Innenkonstruktion nachzeichnen. Das wäre bereits eine sehr einfache preiswerte Rekonstruktion, die uns einen sichtbaren „Heidenwall“ zurückgibt, ohne seine unterirdischen Originalbestandteile zu beeinträchtigen oder zukünftige Untersuchungen zu behindern.
Die ausgegrabenen Hölzer und Kleinfunde wie Scherben etc. sind dagegen in Museen oder anderen geeigneten Ausstellungsorten gut aufgehoben. Es soll noch bis 2011 oder 2012 dauern, bis die Wallhölzer gegen Zerfall präpariert sind und in eine Ausstellung einbezogen werden können.
Wir werden die zukünftige Gestaltung des Heidenwall-Flurstücks und den Umgang mit den Funden weiter beobachten und hier für die geschichtsinteressierte Leserschaft je nach Erfordernis mehr oder weniger ausführlich dokumentieren.

Martin Teller, 31.12.2007

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* * *

Derzeit (19.3.2008) sieht es danach aus, als wenn die Stadt entgegen ihren genannten Gleisplänen und den präventiv geäußerten Befürchtungen des Verfassers die Heidenwall-Parzelle tatsächlich dauerhaft unter Schutz stellen will, vgl. einen NWZ-Artikel vom 8.3.2008. Man darf hoffen und wird sehen.

Unterdessen sollte – gerade zum 900-Jahres-Jubiläum des Namens Oldenburg, das sich vermutlich auf den Heidenwall bezieht – dort eine Hinweistafel angebracht werden, selbst wenn sie vorerst noch provisorisch wäre. Zwei Beispiele von einem anderen Oldenburger Wall in Schleswig-Holstein zeigen, wie sie aussehen könnte:

Beispiele für eine Beschilderung des Oldenburger Heidenwalls, hier Tafeln eines "Oldenburger Walls" in Schleswig-Holstein. Die dortigen Informationen betreffen nicht den Heidenwall in der niedersächsischen Großstadt und ehemaligen Landeshauptstadt Oldenburg. Fotos: Gunter Teller, Sommer 1990.

Beim Oldenburger Heidenwall handelt es sich ebenso um ein historisches Denkmal wie um ein archäologisches. Zum Bodendenkmal gehört untrennbar das Flurstück, das mit dem bisherigen südlich des Walls gelegenen Wiesengraben den alten Huntearm markierte, der die Ringwallanlage umgab.

 


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