Aufsatz von Martin Teller zur Lage der gräflichen Barockgärten in der
heutigen Stadt Oldenburg, als Beitrag zur Ausstellung Barocke Frühlingslust
vom 18. April
– 13. Juli 2013 in der Landesbibliothek Oldenburg,
erschienen im Ausstellungskatalog: Barocke Frühlingslust. Auf den Spuren
der oldenburgischen Gartenanlagen Graf Anton Günthers und seiner
Gemahlin. Begleitbuch zur Ausstellung der Landesbibliothek Oldenburg.
Hrsg. von Eckhard Grunewald. Mit Beiträgen von Michaela Klinkow, Stefan
Schweizer, Martin Teller und Ilka Waßewitz. Schriften der
Landesbibliothek 58, hrsg. von Corinna Roeder. 2013 Oldenburg. S. 31-40.
(Mit etlichen Abbildungen, darunter farbige Gobelins mit barocken
Gartenmotiven. 108 Seiten, erschienen im Isensee-Verlag, ISBN
978-3-89995-975-8, Verkaufspreis 7,- €.)
Lokalisierung des Lustwandels
Zur Lage der gräflichen Barockgärten im
Oldenburger Stadtbild
Wenn wir uns alltags in
unserer vertrauten Umwelt bewegen, sind wir gewohnt, diese vor
allem dreidimensional zu betrachten. Trotz mancher Hast und Eile
der Moderne, trotz also der Bedeutung, die Zeit für uns hat,
wenden die meisten von uns diese vierte Dimension wohl für ihre
Tagesplanung an, kaum aber auf ihre räumliche Umgebung.
Doch gelegentlich, wenn wir Muße dazu haben, erinnern wir uns an
gewesene Gebäude und Stätten, die wir noch selbst gesehen haben.
Unter Zuhilfenahme historischer Quellen können wir zusätzlich
ganz andere Orte vor unser geistiges Auge bringen, die weit vor
unserer Zeit existiert haben, und damit völlig andere „Umwelten“
kennenlernen, die unsere gegenwärtige ergänzen und bereichern
können.
So auch die Zeit des barocken Oldenburg, als Muße und
repräsentative Freizeitgestaltung zum Ausdruck adeligen
Lebenswandels gehörten, was entsprechende Bauwerke und Anlagen
nach sich zog – die oft längst wieder zerstört sind, von denen
wir in unserer heutigen bürgerlichen Kultur- und
Freizeitausübung manche aber selbst gerne genutzt hätten, manche
in besonderen Fällen herausragen- der Gestaltung sogar
schmerzlich vermissen.
Nehmen wir uns daher die Zeit, genauer hinzuschauen, wo auf dem
Gebiet der heutigen Stadt Oldenburg die einstigen
herrschaftlichen Gärten lagen, in denen Graf Anton Günther,
seine Gemahlin Sophie Katharina, deren Gäste und Hofgefolge
standesgemäß lustwandelten.
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I. Der Große
Herrengarten
Wo der Große Herrengarten des
Grafen gelegen hat, ist weitgehend bekannt, seit der verdiente
Landesforscher Georg Sello 1903 die Ortslage beschrieben hat.
Wir stehen mit ihm gedanklich in der späten Oldenburger
Grafenzeit am Schlosswall beim Pulverturm, hinter uns die
Lambertikirche, schauen nach Süd- westen und „spazieren“
Richtung Everstenholz, an dessen Ostseite der Garten liegt
(Erläuterungen und Ergänzungen des Verfassers in eckigen
Klammern):
1.
Blick von der Stadt Oldenburg nach Südwesten zum Großen
Herrengarten um 1670, gedruckt in der Regierungsgeschichte Anton
Günthers von Hofgeschichtsschreiber Johann Just Winkelmann.1
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„Hatte man das gewölbte
Eversten-Tor und das davorliegende Ravelin mit den über den
Festungsgräben führenden Zugbrücken durchschritten, so gelangte
man auf den in seinem Anfang weit in den jetzigen Schloßgarten
hineinbiegenden links vom „Haberland“ [an der Hunte],
rechts von Dobbenwiesen begrenzten Landweg [heute
Gartenstraße] nach Eversten, von dem hinter der zweiten, die
Marsch- oder Hausbeke in ihrem damaligen Laufe bei der jetzigen
Bismarckstraße überspannenden Brücke der zum Haupteingang des
großen Herrengartens führende Weg [diagonal zur heutigen
Roggemannstraße] abzweigte.
Die Grenzen des
Gartens waren: östlich die Westseite der Roggemannstraße;
südlich die Nordseite der Gartenstraße zwischen Roggemann- und
Dobbenstraße, sowie
[nicht dem Bogen der Gartenstraße folgend, sondern fast gerade
zur heutigen Meinardusstraße durchgehend] die Nordgrenze des
ehemals Siefertschen Grundstücks (Gartenstraße Nr. 20); westlich
das Everstenholz [größtenteils die Westseite der heutigen
Meinardusstraße]; nördlich der bis vor kurzem noch (längs
des „Holzweges“) von der Ecke des Everstenholzes bei dem
Waldschlößchen [Ecke Meinardusstraße / Unter den Eichen]
nach der Dobbenstraße sich offen hinziehende und von da
überwölbt weiterlaufende Graben. Der Umfang des Gartens betrug
ca. 3000 Fuß [ca. 887,5 m] – die Angaben darüber
differieren um ein geringes untereinander. Seine Gestalt war
nicht, wie Winkelmann [in der Ammergauischen
Frülingslust] sagt, ein Viereck; die Südseite war
vielmehr im stumpfen Winkel gebrochen und an der Westseite
sprang ein „Huck oder Ecke“ in den, den südwestlichen Teil des
Gartens bildenden, 18 Ruten langen, 14 Ruten [ca. 100 x 75
m] breiten Fischteich vor, welcher, jetzt noch vorhanden, in
neuerer Zeit mit den jeweiligen Besitzern des schon erwähnten
Siefertschen Grundstückes seinen Namen gewechselt hat (Overbecks
Teich) [jetzt zugeschüttet]; ein zweiter kleinerer, 8
Ruten langer, 3 Ruten [ca. 42,5 x 16 m] breiter
Fischteich lag im nordöstlichen Teile des Gartens. Rings herum
zog sich ein 2 Ruten [5 m] breiter Graben, welchen drei
Brücken überspannten: eine Zugbrücke in der Ostfront am
Haupteingang, und zwei Laufbrücken, eine südlich zum
Gärtnerhause führend, welches auf dem Siefertschen Grundstück (Trüpers
kleiner Garten) [ursprünglich wohl der „Kleine
Herrengarten“] stand, und eine westlich nach dem Everstenholz
hinüber. Die innere Grabenseite war mit Eichen besetzt, und
diesen zunächst zog sich eine Allee von Eichen und Buchen,
welche in den Ecken und in der Mitte jeder Seite je eine
Rasenbank aufwies, um den ganzen Garten.
Dieser zerfiel in
drei Teile: den eigentlichen Lustgarten im Südosten, den Teil
„wo die Bäume stehen“, wohl nach Nordosten um den kleinen
Fischteich, und, nach Winkelmanns Plan von Oldenburg
[s. Abb. 1], vom eigentlichen Lustgarten durch einen Graben
geschieden; sowie schließlich den wahrscheinlich nach dem
Everstenholz zu liegenden „Busch“, welchen ein Stacket vom
Lustgarten trennte.“2
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Der Haupteingang mit Torbogen und
Zugbrücke lag wohl nicht weiter nördlich als das heutige
Grundstück Roggenmannstraße 3. Denn das große Lusthaus befand
sich zwar in der Mitte des eigentlichen Lustgartens, nicht aber
in der Mitte der Gesamtanlage, wie die Karte von 1671 zeigt. Das
Haus lag direkt am Mittelweg, der den Lustgarten teilte und
später zur Dobbenstraße wurde.
Aus dem genannten Umfang von ungefähr 3000 Fuß ergeben sich bei
einem rechnerischen Viereck durchschnittliche Seitenlängen von
etwa 222 m, was für den Herrengarten inklusive Fischteiche eine
Gesamtfläche von rund 4,9 Hektar ergibt.
2.
Der grabenumgebene parzellierte Herrengarten im Jahr 1789 mit
ungefährer Position des früheren Lusthauses, der Hauptwege und
des Binnengrabens; mit den zwei Fischteichen, den drei ältesten
Brücken (zwei im Süden sind jünger) sowie heutigen Straßennamen.
Die äußeren Gräben und der große Teich bilden zusammen ein
unregelmäßiges Achteck. Das Gärtnerhaus (ab 1768 ein jüngeres
Gebäude) stand im Winkel von heutiger Gartenstraße und
Dobbenstraße. Die später entstandene Meinardusstraße verläuft
auf dem westlichen Graben zwischen Holzweg und Gartenstraße.3
(Für Schwarzweiß-Druckversion Karte
anklicken)
Die äußeren Formen und
wesentlichen Gliederungselemente dieses Gartens lassen sich
noch weiter untersuchen, was an anderer Stelle in einem
vertiefenden Beitrag geschehen soll. Abbildung 2 gibt einen
Überblick über die Position des Herrengartens innerhalb der
heutigen Stadtlandschaft und zeigt erstmals überhaupt dessen
Umgrenzung proportions- und lagegetreu.
Um 1613 sind erste Arbeiten
am gräflichen Garten bekannt, der demnach vor ziemlich genau 400
Jahren angelegt wurde. Nach dem Tode seines Eigentümers Graf
Anton Günther im Jahr 1667 blieb er zunächst erhalten, nur das
Lusthaus wurde 1690 abgebrochen, weil die dänische Herrschaft
Reparaturkosten sparen wollte. Danach wurde der Garten vom
dänischen Gouverneur Feldmarschall Graf Wedel-Jarlsberg genutzt,
zeitweilig auch von der Königinwitwe Charlotte von Dänemark, die
vor der Pest aus Kopenhagen geflohen war. Nach dem Tode des
Gouverneurs wurde der Garten an Privatleute verpachtet. Ab 1752
befand er sich wiederum in Gebrauch des dänischen Statthalters
Graf Lynar, spätestens 1762 hat man ihn parzellenweise veräußert
und danach sukzessive mit Häusern bebaut. 1905 wurde auch der
große Fischteich zugeschüttet, um Raum zur Anlage der
Meinardusstraße zu schaffen.4
Der barocke Herrengarten ist verschwunden, aber die
Gartentradition dieser Gegend blieb erhalten. Sie wurde erst
durch Bürger in Privatgärten kleineren oder größeren Maßstabs
fortgesetzt, um ab 1803 nur wenig entfernt vom ersten
Gartenstandort mit dem von Peter Friedrich Ludwig gegründeten
Schlossgarten wieder landesherrliche Dimensionen zu erreichen,
der dem Großen Herrengarten des Grafen einen noch größeren des
Herzogs folgen ließ.
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II. Der
Wunderburg-Garten
Im Gegensatz zum Großen
Herrengarten war die Ortsbestimmung „Ihrer Fürstlichen Gnaden
Lustgarten auf der Wunderburg“ – wie der Garten der Gräfin im
Dorf Osternburg vor den Toren Oldenburgs zeitgenössisch genannt
wurde – für die Nachwelt immer unsicher. Denn er bestand nur
recht kurze Zeit über das Ende der Grafenzeit hinaus,
historische Aussagen über seine exakte Flurposition fanden sich
bislang nirgends, und die einzige Karte, die den Garten
teilweise abbildet (s. Abb. 3), ist gerade in ihren
Randbereichen so ungenau, dass sie Gartensucher eher verwirrte
als aufklärte. Im Laufe von Jahrzehnten versuchten etliche
Autoren, dem Wunderburg-Garten auf die Spur zu kommen, und
konnten immerhin seine Lage grob umreißen: im älteren
Siedlungsbereich Osternburgs zwischen Cloppenburger Straße,
Bremer Straße und Schützenhofstraße.5
Der Verfasser hat 2012 im Staatsarchiv Oldenburg eine
Schriftquelle entdeckt, die beiläufig erstmals einen Lagebeweis
für einen wesentlichen Ankerpunkt liefert, wodurch sich ein
zugehöriges Gebäude und eine Gartengrenze exakt bestimmten und
zusätzliche Details rekonstruieren lassen.
Begeben wir uns auch zu diesem Garten wieder auf einen
historischen Spaziergang und folgen diesmal Johann Just
Winkelmann, der ihn in seiner Ammergauischen Frülingslust
besucht hat. Der Hofgeschichtsschreiber Anton Günthers brauchte
freilich etwas länger, um ans Ziel zu kommen, da er in barocker
Ausführlichkeit zwischendurch allerlei gedankliche Umwege
beschritt, die hier fortgelassen sind. Beim Lesen wird
deutlich, warum Winkelmann kaum bei der Gartensuche hilfreich
war, denn je näher er dem Lustgarten kam, desto vager wurden
seine Lagehinweise. Hier nachgetragene Ortsangaben erschließen
nun erstmals die spazierte Wegstrecke (Hauptabschnitte
unterstrichen).
3.
Zwischen der Stadt Oldenburg und dem Dorf Osternburg (links) zum
Ende der Grafenzeit (um 1670), unten links bei Nummer 29 ist ein
Teil des Wunderburg-Gartens der Gräfin Sophie Katharina
abgebildet.6
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Am 15. Mai 1654, dem vierten
Tag der ammergauischen Frühlingstouren in Oldenburgs Umgebung, „gedachte
ich bey mir einsmal / zur beliebten Abwechselung / einen andern
lustigen Spatzirgang zusuchen; Ginge demnach gegen Süden
hinaus [vom Stadt-Dammtor beim Schloss] /
über ein Mohrschwarzes Wasser / und wieder durch ein Thor
vermittels einer aufziehenden Brücken [Klappbrücke über der
heutigen Mühlenhunte] durch eine lange Gasse / so
beyderseits mit nidrigen Häusern / nach dieser Landsart /
bebauet [Straße Damm, historisch: Mittlerer Damm
(Legendennummer 26 der historischen Karte Abb. 3)] / biß
ich abermal über eine Zugbrücke bey einem abrauschenden Fluß kam
[ehemaliger sog. Öljestrich bei der Damm-Mühle
(Nr. 25)] / daselbst sahe ich auf der linken Hand drey Teiche
[„Herren-Fischteiche“, heute zwischen Straße Festungsgraben und
Staatsarchiv (Nr. 27)] / darbey bliebe ich stehen [...].
Solcher gestalt
wandelte ich auf einem Damm immerfort
[Straße Damm, historisch: Äußerer Damm (auch Nr. 26)]
/ und sahe [bei Überquerung einer Vorläuferin der heutigen
Cäcilienbrücke] auf beyden Seiten / bevorab auf der rechten /
nichts als ein schwarzes finsteres Wasser [die Hunte, später
Alte Hunte, jetzt Küstenkanal (Nr. 31),
rechts: Flusssee der später sog. Schusterkuhle].
Im fortgehen
[auf der Bremer Straße, Nordwestteil] erinnerte ich
mich / daß dieses [mit der heutigen Cloppenburger Straße]
der Weg seye nach dem Osenberg [bei Sandkrug] […].
Balt
[vor der heutigen Kreuzung Bremer/Cloppenburger Straße]
erblickte ich / etwas nach der linken Hand [Richtung
späterem Osternburger Marktplatz, auf der Karte nicht der Natur
entsprechend gezeichnet] / eine lustige Gegend / deren
Gelegenheit und sondere Anmütigkeit einer Herberg der
WaldNymphen / und ein Spatzierplatz der Holdseligen Gemühter zu
seyn schiene.
In dieser meiner
Meinung nahete ich dem Ort über ein Holzsteglein
[eine Fußgängerbrücke im
damaligen Wallgraben an der Ostseite der heutigen
Straßenkreuzung ] und ferner über die mit Früchten besetzte
Felder [Fußpfad, heute Bremer Straße, Südostteil] /
etwas näher herzu / biß ich letztlich bey ein Feldhauß
[am Osternburger Markt] kam / dardurch ich zu
besagtem Ort gehen müste. […]
[Dessen Bewohner nahm Winkelmann in Empfang und führte ihn durch
das Haus in den Garten.] Aus begierde / das innere Wesen des
[1652–53 – vor 360 Jahren – erweiterten] Gartens
zubesichtigen / spazirte ich durch die grüne Wölbungen [der
Laubengänge] rings umher […].“7
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Entgegen seiner blumigen Rede
ist Winkelmann auf dem kürzesten Weg vom Schloss zum
Wunderburg-Garten spaziert. Wo dieser lag, wird nach neusten
Untersuchungen klarer, wenn auch noch viele Fragen offen sind.
Der Forschungsweg und seine Ergebnisse können an dieser Stelle
nicht in der nötigen Ausführlichkeit beschrieben werden, dafür
ist eine längere Ausarbeitung erforderlich, die sich auch mit
dem Namen „Wunderburg“ beschäftigen soll. Zunächst möge es
genügen, in Abbildung 4 neuste Erkenntnisse zur Lokalisierung
dieses langgesuchten Gartens vorzustellen.
4.
Die Lage des historischen Wunderburg-Gartens nach aktuellem
Forschungsstand in einer Karte von 1863 mit
modernen Straßennamen und Ortsbezeichnungen.8
Sicher
ermittelt: Zugehörigkeit und Position eines Hauses (rechteckiger
Umriss) mit Grenze zur heutigen Bremer Straße (durchgezogene
Linie). Der Garten erstreckte sich über Flurteile innerhalb der
Strichellinie, vermutlich nicht über die Ekkardstraße hinaus,
durchschnitten von der heutigen begradigten Schützenhofstraße.
Die Benennung der passend gelegenen Straße Lustgarten erfolgte
erst 1934, als die genaue Lage des Damen-Gartens gar nicht mehr
bekannt war.
Der Kernbereich des Gartens befindet sich sicher innerhalb des
punktierten Bereichs; darin eine auffallend unregelmäßige
Parzellen- und Besitzgrenze (schmale Linie) mit mutmaßlichem
Bezug zur früheren Gartennutzung (gerade oder runde Wege,
Garten-Lusthaus, Fischteich?).
Noch schneller als der des
Grafen verschwand auch dieser herrschaftliche Barockgarten
wieder aus der Stadtumgebung. 1668, nur ein Jahr nach dem Tode
Anton Günthers, nachdem die Grafschaft an das verwandte dänische
Königshaus gefallen war, wurde der vollständige Garten an den
Oldenburger Bürgermeister Giebel verkauft, danach erwarb ihn
1670 Cordt Herzog, der nachmalige Zollpächter im Blauen Haus.
1681 bereits galt die Gartenanlage als „wüst“, d. h. die
Zieranpflanzungen waren verkommen.9
Danach liest man zwar noch oft den Namen „Wunderburg“, über den
Verbleib des Gartens aber scheinen die Quellen zu schweigen. Die
Vermutung, der Garten sei „zerstückt“ worden, trifft offenbar
zu, denn seine sicheren und mutmaßlichen Grundstücksteile
befinden sich im 19. Jahrhundert in verschiedenen Händen.
Wie auch immer die genauen Umgrenzungen verliefen, die Fläche
des alten Wunderburg-Gartens ist auch heute nicht vollständig
überbaut. Außer in Privatgärten liegt sie teilweise unter dem
Pflaster eines Supermarkt-Parkplatzes, vorher war ein Teil von
ihr lange Zeit Rasensportfläche des örtlichen Turnvereins. Was
von dieser nicht zum Parkplatz wurde, ist im rückwärtigen Teil
nach Erweiterung der Osternburger Feuerwache 2009 als
öffentlicher Grünbereich angelegt worden, der über einen Fuß-
und Radweg Querverbindungen zwischen den umliegenden Straßen
schafft. Bislang besteht diese kleine Anlage nur aus einem
randlichen Beet und einer unspektakulären Rasenfläche. Man
könnte dort die Gelegenheit ergreifen, mit entsprechender
Gestaltung auf kleinem Raum an den einstigen barocken Garten und
seinen berühmten Fortunabrunnen zu erinnern und damit ein längst
verlorenes Kleinod der regionalgeschichtlichen Gartenkultur
wenigstens ideell wieder ins Stadtbild zu holen.
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1 Eigentliche Abbildung der Hochgräflichen
Residenz, Statt und Festung Oldenburg. In: Johann Just
Winkelmann: Oldenburgische Friedens- und der benachbarten Oerter
Kriegs-Handlungen […]. Oldenburg 1671, nach S. 60 (Ausschnitt).
2009 zur Verfügung gestellt von Fotograf Hans-Dieter Janßen,
Oldenburg. Die historische Karte war bis spätestens 1669
fertiggestellt. Zur Datierung s. Eckhard Grunewald: Herrengarten
und Wunderburg-Garten, im Ausstellungskatalog.
2 Georg Sello: Alt-Oldenburg. Gesammelte
Aufsätze zur Geschichte von Stadt und Land. Oldenburg und
Leipzig o. J. [1903]: Graf Anton Günthers großer Lustgarten, S.
143–153, hier S. 145 f.
3 Lageplan des parzellierten Herrengartens um
1804, bearbeitet von Martin Teller, Januar 2013. In: Heinrich
Hüner: Oldenburg mit der umliegenden Gegend. Vermessen und
gezeichnet H. Hüner, 1804. Oldenburg 1804 (Ausschnitt). 1996 zur
Verfügung gestellt von der Stadt Oldenburg durch Bauamtsrat
Gunter Teller.
4 Emil Pleitner: Wanderungen durch die
Hausvogtei Oldenburg (Aufsatzreihe). In: Nachrichten für Stadt
und Land. Oldenburg 1921–25, hier Nr. 48 (18.2.1923), Art.-Nr.
34: Der Große Herrengarten; Georg Bredehorn: Eversten. Von 1200
bis ins 20. Jahrhundert. Oldenburg 2001, S. 397–405.
5 Pleitner: Wanderungen (wie Anm. 4), Nr. 277
(11.10.1923), Art.-Nr. 49: Ihrer Fürstlichen Gnaden Lustgarten
auf der Wunderburg; Friedrich Schohusen: Die Oldenburger
Straßennamen. Historisch, topografisch und etymologisch
dargestellt. Oldenburg 1977, [Art.] Wunderburgstraße, S. 287 f.;
Matthias Schachtschneider: Osternburg. Ein Ort mit vielen
Gesichtern. Mit Beiträgen von Heinz Meyer und Lioba Meyer.
Oldenburg 1999, S. 149–152.
6
Ausschnitt aus: Eigentliche Abbildung (wie Anm.
1).
7
Hans Just Winkelmann: Ammergauische Frülingslust
/ in Fünf Tag-Zeiten vorgestellet […]. Oldenburg 1656 (ND
Münster 2013), S. 193–206.
8
Niedersächsisches Landesarchiv – Staatsarchiv
Oldenburg (StAOl), Best. 298 C 1 Nr. 152. Bearbeitet von Martin
Teller, Januar 2013.
9
[Anon.:] Oldenburgs landschaftlicher Schmuck. Ein
kleiner Beitrag zur Geschichte der Gründung und Entwicklung der
Garten- und Parkanlagen in der Residenzstadt Oldenburg.
Oldenburg o. J. [1884]; Oldenburger Skizzen. Bd. 1. Hg. von
Klaus Dede. Oldenburg o. J. [1985], S. 6; Karl Fissen: Der
Lustgarten auf der Wunderburg. In: Der Oldenburger Bürger.
Mitteilungsblatt der Bürgervereine, Nr. 3, 1956, S. 8–10.
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